Am 10. Oktober dieses Jahres veröffentlichte die Agrana Beteiligungs AG die Halbjahreszahlen für das aktuell laufende Geschäftsjahr. Ebenfalls in diesem Monat gab es Ad-Hoc Meldungen zu einem erhöhten erwarteten Ergebnis von Südzucker sowie CropEnergies, und darüber hinaus gab es die erste „Post“ der Nordzucker AG für das Geschäftsjahr 19/20.

Das alles zusammen genommen bietet eine interessante Datenlage für das Zucker-Bioethanol-Geschäft und seinen Aussichten. Ich möchte also auf dieser Basis die verfügbaren Informationen sezieren, interpretieren, um einen Rundumblick für meine Agrana-Musterdepot-Position zu erlangen. Auf geht’s!

Die Agrana Zahlen (Halbjahr 2019/20)

Konzernweit liegen alle gemeldeten Finanzkennzahlen der Agrana für das Halbjahr 19/20 unter denjenigen des entsprechenden Vorjahreszeitraumes (Umsatz, EBITDA, EBIT, Marge, Ergebnis). Für das Segment Frucht trifft dies ebenfalls zu (im Vergleich zu 2018/2019: Umsatz -16 Mio. Euro, EBIT -10 Mio. Euro, EBIT-Marge -1,6 Prozentpunkte). Dennoch sind Umsatz und EBIT bei „Frucht“ gut positiv. Für das Segment Zucker sieht es da schon schlimmer aus und das vor dem Hintergrund, dass wir uns dort bereits im negativen EBIT-Bereich befinden: Umsatz in toto 247 Mio. Euro, EBIT in toto -18,7 Mio. Euro, EBIT-Marge -7,6%.

Einzig das Segment Stärke sticht positiv hervor: Umsatz +45 Mio. Euro, EBIT +14 Mio. Euro, EBIT-Marge +2,9 Prozentpunkte. Auf Jahressicht wird weiterhin von einem „moderaten“ Umsatzanstieg sowie von einem „deutlichen“ EBIT-Anstieg ausgegangen. Der Vorstandsvorsitzende Marihart meint dazu:

„Das schwächere Halbjahresergebnis ist vor allem auf das negative EBIT im Segment Zucker zurückzuführen, das im Vorjahr erst im zweiten Halbjahr die hohen Verluste einfuhr. Auf Jahressicht werden wir in diesem Geschäftsbereich eine Erholung sehen, weil wir im Vergleich zum zweiten Halbjahr des Vorjahres eine deutliche Verbesserung erwarten. Der Ergebnisrückgang der Gruppe zum Halbjahr ist auch auf eine im Jahresvergleich schwächere Ergebnisentwicklung im Segment Frucht zurückzuführen, wo die Marktentwicklung bei Fruchtzubereitungen unter den Erwartungen blieb. Das Segment Stärke zeigt nach den ersten sechs Monaten die erfreulichste Entwicklung und verzeichnete gegenüber dem Vorjahr ein um 69% gesteigertes EBIT. Dieser Geschäftsbereich profitierte von gestiegenen Ethanolpreisen, aber auch von der Erweiterung der Kapazitäten in Aschach/Donau.“

Pressemitteilung zum Halbjahr 2019/20

Soweit zur Agrana, deren Aktienkurs momentan bei 16,54 Euro notiert, deren inneren Wert ich inklusive Sicherheitsmarge bei über 20 Euro taxiert habe. Wie sieht es nun in der Peer-Group aus? Sind die Aussichten des Agrana-CEO realistisch?

Rundumblick (Zucker)

In meiner Südzucker-Story bin ich davon ausgegangen, dass sich die europäische Zucker-Industrie gesundschrumpfen muss („Capacity Alignment“), weil eben die Produktion von Zucker aus der Zuckerrübe ungleich teurer zu sein scheint, als die Produktion von Zucker aus Zuckerrohr anderswo auf der Welt. Es ist daher nicht verwunderlich bzw. klar nachvollziehbar, dass Nordzucker eben mit seiner australischen Akquisition in die Rohrzuckerproduktion eingestiegen ist.

Auch das „restructuring of sugar trading business“ und die „turnaround plans of our sugar assets“ der ED&F-Man Gruppe (Jahresbericht 2018, Seite 5), an der Südzucker zu 35% beteiligt ist, ist Ausdruck dieser „Gesundschrumpfung“. Bei ED&F ist nämlich die weltweit gehandelte Zuckertonnage nach 11,23 Tonnen in 2017 auf 7,68 Tonnen in 2018 zurückgegangen.

Die Nordzucker AG geht noch für das aktuelle Geschäftsjahr von einem „erhöhten Absatzpreisniveaus“ aus; die Südzucker AG sieht in ihrer aktuellen Investorenpräsentation (Slide 12) aufgrund von „Bestandsabbau“ und „Trockenheit“ eine Erhöhung des Defizits in der globalen Zuckerbilanz (Verbrauch vs. Produktion). Ergo: steigende Zuckerpreise am Horizont.

Aus meiner Sicht werden die Zuckerpreise, aus welchen Gründen auch immer, irgendwann wieder steigen. Sicherlich auch so sehr, dass die europäischen Zuckerproduzenten in diesen Segmenten wieder Gewinne einfahren können. Bis dahin gilt es allerdings, Kosten zu reduzieren, Kapazitäten abzubauen und zu vom Zucker weg zu diversifizieren. Ein Wachstumsgeschäft scheint „Zucker“ in Europa nicht mehr zu sein.

Rundumblick (BioEthanol)

BioEthanol ist für alle die, die in diesem Geschäfts tätig sind, durch die stark gestiegenen Preise momentan Ertragszugpferd Nummer eins. Demnach ist es auch nicht überraschend, dass die CropEnergies AG, die dieses Produkt hauptsächlich herstellt und vertreibt, im Oktober zweimal ihre Ertragsprognose für 2019/2020 anheben durfte. Darüber hinaus sieht die Südzucker AG bei ihrer Tochter sogar eine Stabilisierung der BioEthanol-Preise auf „hohem Niveau“.

Nun scheint die politische und wirtschaftliche Situation für BioEthanol also sehr günstig zu sein. CropEnergies sprach gar von dem „best quarter ever“ (Slide 2). Sicherlich ist durch die aktuelle Klimadebatte (Stichwort: „Greta“) eine gewisse Euphorie, Übertreibung dabei, die sich mit der Zeit wieder legen wird. Für das zweite Geschäftshalbjahr 2019/20 der europäischen BioEthanol-Produzenten nehme ich die aktuellen Preise für diesen Treibstoff allerdings gern in Kauf.

Fazit

Der Umsatzanteil des Segmentes Zucker der Agrana für das erste Halbjahr 2019/20 betrug rund 20% nach knapp 23% im Vorjahr. Die Investitionen des ersten Halbjahres zeigen, dass für das Segment Zucker nach 13,3 Mio. Euro im vorigen Halbjahr nur noch 8,3 Mio. Euro veranschlagt wurden. Zum Vergleich: für „Stärke“ (37,5 Mio Euro) und „Frucht“ (22,3 Mio. Euro) wurden erheblich mehr Investitionen getätigt. Hier ist mein oben beschriebener, notwendiger Schrumpfungstrend bei „Zucker“ ebenfalls erkennbar.

Der operative CashFlow Agranas war für das erste Halbjahr 19/20 mit knapp 60 Mio. Euro solide positiv, der Cash-Bestand hat sich im Vergleich zu ersten Halbjahr 18/19 sogar um 5 Mio. Euro auf 109 Mio. Euro erhöht. Die Eigenkapitalquote verringerte sich im Berichtszeitraum um 3 Prozentpunkte auf 56%. Der Buchwert je Aktie liegt nun bei circa 20,70 Euro, was eine leichte Steigerung zum ersten Quartal (20,58 Euro) bedeutet.

Gehen wir heute einfach mal davon aus, dass die Agrana, auch wenn das jetzt keinesfalls in Aussicht steht, auch mal ihr Vermögen außerplanmäßig abschreiben muss. Pauschal soll der Buchwert also mit einer Sicherheitsmarge von 20% versehen werden. Diese 20% entsprächen einer Wertanpassung des Eigenkapitals von etwa 260 Mio. Euro, der als Aufwand in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung berücksichtigt werden müsste. Neuer, „sicherer“ Buchwert: 17,25 Euro.

Für die Agrana-Gewinne der nächsten 5 Jahre bleibe ich bei meiner letzten Berechnung (70%ige Sicherheitsmarge auf den Durchschnittsgewinn der letzten 7 Jahre) und kalkuliere einen Gewinn-je-Aktie-und-Jahr von 0,50 Euro. Somit ergibt sich ingesamt ein innerer Wert der Aktie von 19,75 Euro. Der aktuelle Aktienkurs liegt bei nur 83% dieses Wertes und daher werde ich die Aktie demnächst wohl auch für mein Musterdepot wieder nachkaufen.