In diesem Beitrag möchte ich gern erörtern, ob das klassische Szenario des Eigenheimerwerbs heutzutage ein gutes Investment ist. Die Ratio lautet: „Na wenn ich 700 Euro Miete zahle für eine kleine Wohnung in der Stadt, dann kann ich doch auch 700 Euro Kredit für mein Eigenheim bezahlen, das mir am Ende der Kreditlaufzeit dann aber miet- und schuldenfrei gehört!“

Für die Beurteilung dieser Investition betrachten wir also wieder einmal den inneren Wert des Investitionsobjektes im Verhältnis zu seinem Preis. Der innere Wert setzt sich zusammen aus Anschaffungskosten („Buchwert“) sowie dem erwarteten Barmittelzufluss über die Lebensdauer des Objektes. Durch die Zinszahlungen während der Laufzeit und die normale Abnutzung des Objektes (Stichwort: Abschreibung für Abnutzung) wird der letztendliche Preis, also alle damit verbundenen Zahlungen wie Zins und Tilgung, eines Eigenheims den Buchwert immer übersteigen. (1)

Da die monatlich gesparten Mietzahlungen meistens eins zu eins für die Kreditrate aufgewandt werden, gibt es auch während der Lebenszeit der Immobilie keinen Barmittelzufluss (Cash-Inflow), den man zum inneren Wert des Eigenheims hinzuaddieren könnte. Darüber hinaus ist es eher wahrscheinlich, dass nach 5, 10 oder 20 Jahren zusätzlich zur Kreditrate ein Cash-Outflow zu erwarten ist, da Modernisierungen oder Reparaturen anstehen.

Abgesehen vom finanziellen Aspekt ist ein Investitionszeitraum von 10, 20 oder 25 Jahre, also die typische Kreditlaufzeit, kein seriös abschätzbarer Zeitraum für den Investor. Selbst 5-10 Jahre bei Aktien sind eigentlich schon Kaffeesatzlesung, aber wer will denn guten Gewissens abschätzen, wie sich das eigene Leben, der eigene Cash-Inflow („das Gehalt“) oder die wirtschaftlich-politische Situation am Objektstandort über einen so langen Zeitraum entwickeln wird. Und wenn sie sich dann verändert, inwieweit bin ich fähig, mein Investment anzupassen? Wie „mobil“ bzw. „liquide“ ist meine Investition dann? Die Ungewissheit ist ziemlich groß. Als Investor strebe ich aber danach, trotz meiner Finanzanlagen ruhig schlafen zu können.

Wie könnte es stattdessen gehen?

Eine gute Investition ist das oben beschrieben Szenario nicht. Alle Eckpunkte, die das Value-Investing gern erfüllt sähe, werden außer Acht gelassen. Aber gibt es denn vielleicht ein Alternativszenario? Dazu möchte ich ebenfalls ein paar Ausführungen machen.

Irgendwann habe ich mal irgendwo ein nettes Bonmot eines Investors gehört und das geistert mir seitdem stets im Kopf herum. Bei jeder Investition, die ich tätigen möchte, stelle ich mir vorab die Frage: „How can I make this, make me money?“ Also: Wie kann ich das Investitionsobjekt dazu bringen, dass ich damit Geld verdiene?

Einkaufspreis

Zunächst also das „Kurs-Buchwert-Verhältnis“, sprich das Verhältnis vom inneren Wert des Kaufobjektes zu seinem Preis. Wie bei Aktien sollten Immobilien nicht gekauft werden, wenn „Mr. Immobilien-„Market“ euphorisch an die Tür klopft und mit Niedrigzinsen überteuerte Eigenheime feil bietet. Niedrigzinsen bspw. führen dazu, dass sich viele Leute einen Immobilienkredit leisten können, die dann wiederum eine hohe Nachfrage generieren, die sich dann wiederum in höheren Immobilienpreisen niederschlägt und so fort. Auch bei Immobilien liegt im Einkauf der Gewinn und somit gilt es zu warten, bis die Zeit reif ist und die „Immobilienkurse“ im Keller sind. (2)

Zufließende Barmittel

Idealerweise zieht man in ein Eigenheim, das nebenbei noch eine kleine Mieteinnahme abwirft, denn dann sind auch die zufließenden Barmittel offensichtlich und kalkulierbarer. Das Standardszenario ist allerdings ein Eigenheim, das ohne Mieteinnahmen auskommen muss. In diesem Fall allerdings würde ich die Differenz zur bisherigen Miete also Barmittelzufluss anerkennen. Sagen wir in meiner Mietwohnung bezahle ich bisher und über die nächsten 10 Jahre rund 800 Euro Miete/Monat.

Jetzt ziehe ich in mein eigenes Haus und muss über die nächsten 10 Jahre eine Kreditrate von 600 Euro bedienen. Dann liegt meine Ersparnis, mein Barmittelzufluss, doch bei 200 Euro monatlich. Diesen Zufluss kann ich auch wieder reinvestieren, sobald Reparaturen oder Modernisierungen fällig werden.

Finanzierung

Damit der soeben erwähnte Barmittelzufluss möglich wird ist eine hoher Eigenkapitalanteil im Kaufpreis notwendig. Den Anteil würde ich so wählen, dass das benötigte Fremdkapital mit Zinsbindung in höchstens 10 Jahren vollständig zurückgezahlt („getilgt“) wurde und der o. g. Barmittelzufluss möglich ist.

„Wer kann schon soviel Eigenkapital mitbringen?“, höre ich oft als Gegenargument. Nun ja: Das Eigenkapital für die Modernisierungen und Reparaturen des Objektes über die Kreditlaufzeit müsste man zusätzlich zur Kreditrate doch sowieso aufbringen. Also würde ich eben meiner Mietwohnung bleiben, weiter Miete zahlen und nebenbei, sagen wir innerhalb von 10-15 Jahren, den benötigten Eigenkapitalstock aufbauen bzw. das angesparte Geld solange „arbeiten“, sprich solange anderweitig investieren, lassen.

Natürlich bedeutet das, dass man sein Eigenheim nicht schon mit 25 oder 30 Jahren bezieht, sondern erst mit 40 oder 45 Jahren, dann aber eben mit günstigeren Voraussetzungen und einem ruhigeren Schlaf.

P.S.: Oftmals höre ich auch, dass die Miete, die man einem Vermieter zahlt, rausgeworfenes Geld ist, während die Kreditrate eine Investition in das Eigentum ist. Ich sehe das anders: Das voll Kredit-finanzierte Eigenheim ist nicht meins, es gehört der Bank. Man kann sich die Immobilie schlicht nicht leisten und kaschiert das mit einer so wenig rentablen „Investition“.

Als Mieter hingegen kann ich flexibel auf Mietpreisänderungen reagieren und habe eigentlich immer nur einen Cash-Inflow, weil alle Reparaturen und Modernisierungen vom Vermieter getragen werden müssen. Ich kann einen Zeitraum von 20-30 Jahren einfach nicht abschätzen und somit ist die Miete halt ein Preis, den ich solange für ein gemütliches Zuhause bezahle, bis ich in ein Szenario gelange, dass gut abschätzbar und rentabel scheint.


(1) Es sei den, die Immobilienpreise steigen so schnell, dass sie den Kaufpreis über die Kreditlaufzeit einholen. Aber das ist eher die Ausnahme, ein Sonderfall.

(2) Klar ist das schwierig einzuhalten, wenn gerade das zweite Baby unterwegs ist, man ein größeres Heim benötigt und nun noch mehr Miete bezahlen müsste, weil man eine größere Wohnung benötigt. Aber wenn Mr. Market Party feiert gibt es halt keine Schnäppchen von der Stange!