Value & Price

Glosse zum 5.8.2019

Leichtsinning, wie ich es entgegen meiner Natur doch trotzdem manchmal bin, schlage ich heute morgen die Onlineausgabe des Manager Magazins auf, wo ich von folgender Klick-geilen Frage begrüßt werde: „Stehen die Bänder bei Schaeffler bald still?“. Ich habe den Artikel nicht gelesen, verlinkte ihn hier auch nicht, weil ich mir sicher bin, dass er diese Frage am Ende sowieso nicht beantworten können wird. Schaeffler ist einer der größten, deutschen Automobilzulieferer und das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass dieser Artikel zusätzlich mit dem Untertitel „Krise in der Automobilindustrie“ umrahmt ist.

Dass die hiesigen Fahrzeughersteller ihre Jahresprognosen und Aussichten heute düsterer malen, als sie es noch gegen Ende des letzten Jahres taten, hatte man nicht zuletzt an der im Juli veröffentlichten Gewinnwarnung der BASF SE, die ja ca. 25% ihres Umsatzes mit Automobilkunden erwirtschaftet, erkennen können. Nun will ich aber gar nicht so branchenspezifisch bleiben, sondern meinen Blick etwas ausgiebiger schweifen lassen.

Die Lage (makro)

Der DAX fiel am letzten Freitag, den 02.08. unter die 12.000-Punkte Marke. Die allgemein kolportierte Begründung dafür ist der Handelskonflikt mit China, den das Manager Magazin (MM) übrigens heute wieder mit der Überschrift „China kontert mit der Abwertung des Yuan“ auf die Tagesordnung setzt. Kein Wunder also, dass der DAX auch am heutigen Montag weitere knapp 2% ins Rote gerutscht ist.

Ganz nebenbei hat das MM in einem weiteren Artikel „herausgefunden“, dass hinter dem 13-prozentigen Anstieg des Bitcoin und mit ihm der anderen Kryptowährungen „Zocker“ stecken. Daher wahrscheinlich auch der „subtile“ Hinweis auf das Risiko dieser Art von Währungen: „Die zentrale Kryptowährung Bitcoin ist hoch spekulativ, nicht reguliert und untersteht keiner Aufsicht.“ Sauber! Ist der Anstieg der Kryptos aber nicht vielleicht auch anders begründbar?!

Die Ursache für den sukzessiven Anstieg des Goldpreises lokalisiert das MM ungewohnt „punktgenau“ ebenfalls im „Handelsstreit“. Apropos steigende Vermögenswerte: die aktuellen Bauzinsen werden nach den jüngsten Aussagen Draghis wohl auf absehbare Zeit weiterhin extrem niedrig bleiben. Was das für in den letzten Jahren bereits stark gestiegenen Immobilienpreise bedeutet, sollte offensichtlich sein. In diesem Zusammenhang frage ich mich zum Einen immer, ob es jetzt gut ist, überhaupt eine Immobilie zu kaufen?! – Zum Anderen zermartere ich mir das Hirn darüber, was die Notenbanken wohl machen, wenn es wieder einmal zu einer Finanzkrise kommen sollte?! Das letzte mal haben sie die Zinsen in den Keller geprügelt. Ohne Weiteres kann man den Zins ja jetzt nicht noch weiter senken, oder?

Die Lage (mikro)

Für mich in direktem Zusammenhang mit den steigenden Immobilienpreisen sowie der zinsbegünstigten Kauf- und Baulust von Otto Normal steht die Schwierigkeit, heute mal eben für eine paar Stunden oder Tage einen Handwerker zu engagieren. Wenn ich einen der fleißigen Leute dann doch einmal zu fassen bekomme, frage ich ihn regelmäßig, wie seine sich seine Auftragslage darstellt und ich darf mir anhören, dass die Handwerker meist sogar Aufträge ablehnen müssten, weil sie einfach zu viel zu tun hätten. Daran, dass das mal genau andersherum war, kann ich mich noch erinnern.

In diesem Kontext fällt auch das Zufallstreffen mit meinem alten Fahrlehrer, der, als ich seine Dienstleistung in Anspruch nahm, nicht positiv gestimmt war, sobald ich ihn auf seine Auftragslage ansprach. Letztens im Supermarkt allerdings meinte er, er hatte eigentlich ruhiger treten wollen, aber manchmal habe er einfach „zu viel zu tun“. Ins gleiche Horn bläst eines meiner lokalen Lieblings-Taxiunternehmen, das sich inzwischen aussuchen könne, wen es mit seinen 6 Autos führe, während es vor einigen Jahren noch damit kämpfte, seine 3 Autos überhaupt rentabel „unter Dampf“ zu halten.

Gedanken zur Lage

Ich bin kein Volkswirt, nur ein einfacher Mensch und ich will die Wirtschaftsaussichten im Allgemeinen sowie das MM im Speziellen nicht per se madig machen. Allerdings hat mich die oberflächliche Lektüre der MM-Homepage heute wieder in meinem Bauchgefühl bestätigt. Logischerweise ist mein Bauchgefühl nicht in Kennzahlen greifbar, es liefert mir aber dennoch eine grundsätzliche Intuition, die sich in folgenden Schlussfolgerungen äußert:

  • Jetzt eine Immobilie zu kaufen kann nicht klug sein, weil die Bodenrichtwerte der vergangenen Jahren durch die Sondersituation mit den 0-Prozent-Zinsen nach oben verzerrt ist; es mag ganz wenige, nicht-öffentliche Angebote geben, aber im Allgemeinen befinden wir uns in einem Verkäufermarkt
  • Physisches Gold zu besitzen verschafft mir ein beruhigendes Gefühl; mein Puls reagiert nicht mehr so ungesund auf eine EZB-Pressekonferenz, in der die widerspruchslose Verwässerung meiner Ersparnisse durch den grenzenlosen Anleihenankauf (Gelddruck) verkündet wird; auch „Börsenbeben“ bekomme ich mit einem Blick ins gelbe Glitzern beruhigend kuriert
  • wir hatten seit 10 Jahren keine richtige Finanzkrise mehr; alle Preise, Börsen, Nachrichten sind irgendwie auf einem hohen Niveau zu einem „neuen Normal/Standard“ mutiert; früher oder später wird sich diese Schieflage wieder korrigeren müssen; wenn diese Korrektur eintritt, dann wird sie sicherlich gravierender als 2008/09 mit dem Unterschied, dass die Zinsen bereits bei 0% sind

Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass der Kapitalismus auch diese zukünftige Krise überstehen wird und sich daher alle Unternehmen, Kurse, Volkswirtschaften im Nachgang wieder erholen. Eine etwaige Krise werde ich, ganz im Sinne eines Value-Investors und entgegen der Panik Mr. Markets, als Chance angehen. Somit gilt es also weiterhin, einen kühlen Kopf zu bewahren und trotz des bunten Storytellings in der aktuellen Lage besonnene Entscheidungen bei den persönlichen Finanzen zu treffen. Viel Glück!

1 Kommentar

  1. K

    Hallo,
    spannende Analyse. Gerade die persönliche, mikro Einschätzung teile ich – aber was für eine Auswirkung hat die gute Aus- und Auftragslage? Überhitzung des Marktes, analog zu den Immobilien? Doch eine robustere Wirtschaftslage, als herbei geschrieben wird?
    Grüße
    K

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