Der aktuelle Aktienkurs der Südzucker AG beträgt 14,40 Euro und befindet sich inzwischen ziemlich nahe an meinem Einstiegskurs von 15 Euro. Der Kursverlauf des letzten Monats (Januar 2019) kannte nur eine Richtung, nämlich nach oben, während die beiden Jahre davor überwiegend von Negativschlagzeilen, -kursen und -analysen geprägt war.

(Teil 1 und Teil 2 meiner Südzucker-Story befinden sich hier und hier)

Ich möchte im dritten Teil also davon berichten, wie ich als Investor diese Zeit erlebt habe, welche Strategien zur „Stressbewältigung“ ich anwandte und illustrieren, wie grausam Grahams „Mr. Market“ doch sein kann.

Due-Diligence (ad infinitum)

Während meiner Zeit mit Südzucker ist der Aktienkurs von 22 Euro auf zeitweise sogar unter 11 Euro gefallen. Zu Beginn des Jahres 2017 waren alle Aussichten noch positiv; man sah sich für das Ende der EU-Zuckermarktordnung gewappnet, die Dividende wurde erhöht und man „outperformte“ nebenbei den MDAX. Mit dem fallenden Weltmarktpreis für Weißzucker allerdings sank auch der Aktienkurs immer weiter.

Im Segment Spezialitäten akquirierte die Südzucker im 2017er Jahresverlauf zwei Tiefkühlpizzahersteller: die Richelieu Foods Inc. aus den USA, was gleichzeitig den Einstieg in den amerikanischen Markt für diese Südzucker-Produkte markierte, und die Hasa GmbH aus Magdeburg, einen weiteren Hersteller von Tiefkühlfertigwaren („die Nummer drei des Marktes schluckt die Nummer fünf“).

Darüber hinaus sah ich mich veranlasst, mir die anderen Geschäftssegmente genauer anzusehen, auf deren Analyse ich hier für CropEnergies und hier für Agrana gerne verweisen möchte. Mein Fazit dazu: Beide Segmente stehen momentan vor Umsatzschwächen durch historisch tiefe Bio-Ethanol- und Zucker-Preise, sind aber aus bilanzieller Sicht solide genug aufgestellt, ihre Gewinntäler zu überwinden.

Das Jahr 2018 des Südzucker-Konzerns war hauptsächlich von Ängsten vor dem ersten Jahresergebnis nach dem Ende „alten“ Marktordnung geprägt. Das Geschäftsjahr 2018/19 würde das erste sein, das vollständig nach der neuen Ordnung gewirtschaftet wurde. Der Ausblick auf Seite 81 ff. des Geschäftsbericht für 2017/18 geht von einem Konzern-Gewinn von 100 bis 200 Mio. Euro bei einem Umsatz von knapp 7.000 Mio. Euro aus, also insgesamt einem Gewinn. Für das Segment Zucker hingegen erwartete man einen Verlust von -100 bis -200 Mio. Euro bei einem Umsatz von 3.000 Mio. Euro.

Ich akzeptierte also sehenden Auges den angekündigten Verlust im Segment Zucker als vorübergehend, sah alle anderen Segmente gut auf Kurs und schwang fröhlich die Keule des „Cost-Average“-Effektes in Richtung des stetig fallenden Aktienkurses.

Hybrid-Anleihe & Cash Flow

Während also der Effekt meiner „schwingenden Keule“ mit jedem Male mehr Finanzkraft erforderte, um einen spürbaren Einfluss auf meinen Einstiegspreis zu haben, nahm ich mir die Zeit, mir die Hybrid-Anleihe, die die Südzucker ja als bilanzielles Eigenkapital ausweist, näher anzusehen (siehe dazu auch Teil 2 meiner Südzucker-Story).

Wie bereits in anderen Beiträgen erwähnt, ist der Zinssatz dieser Anleihe variabel. Wie hoch er in der Vergangenheit genau gewesen ist, kann auf der IR-Anleiheseite der Südzucker AG unter „Hybrid Bond (700 mn)“, Unterpunkt „Overview Remuneration Payment Date and Rate of Remuneration“ nachgelesen werden.

Viel wichtiger als die vergangenen Zinszahlungen sind allerdings die Bedingungen, unter denen es für ein bestimmtes Jahr GAR KEINE Zinszahlung gibt. Im Geschäftsbericht 2017/18 auf Seite 140 steht dazu:

The other is that the hybrid bond issue conditions stipulate that a mandatory coupon suspension is triggered if consolidated cash flow falls below 5 % of the group’s consolidated revenues.

Südzucker Geschäftsbericht 2017/18, Seite 140

Auf Deutsch: Wenn der konsolidierte Cash Flow unter 5% des Konzernumsatzes fällt, dann MUSS die Zinszahlung auf die Hybrid-Anleihe ausgesetzt werden. Daher auch die „Eigenkapital“-ähnliche Bilanzierung! Die Hybrid-„Anleihe“ ist allen anderen, „normalen“ Anleihen nachrangig, sprich sie wird, wenn überhaupt, nur nachrangig bedient.

Während der alten Zuckermarktordnung wurde diese Finanzkennzahl (Covenant) regelmäßig locker erfüllt. In der aktuellen Unternehmenspräsentation auf Slide 68 ist jedoch zu erkennen, dass der Cash Flow der ersten 9 Monate des Geschäftsjahre 2018/19 knapp 5,7% des Umsatzes ausmacht. Im gleichen Zeitraum des letzten Jahres lag dieser Wert bei 10%.

Was droht also?

Im Worst-Case erfüllt die Südzucker diese Finanzkennzahl für das aktuelle Geschäftsjahr also nicht. Was bedeutet das? Ich gehe stark davon aus, dass sich dieser „Fehltritt“ auf die Ratings der Agenturen Moody’s und Standard & Poors auswirken wird (aktuelle Ratings nachzulesen auf Seite 17 der Präsentation).

Verschlechterte Ratings haben unmittelbaren Einfluss auf die Zinssätze, die die Südzucker den Gläubigern bei einer neuen Anleihe-Emission anbieten müsste. Wie sieht also das Liquiditäts- bzw. Fälligkeitsprofil des Unternehmens aus? Anders gefragt: Ist es notwendig, dass die Südzucker demnächst Anleihen ausgeben müsste, deren Zinszahlungen den zukünftigen Gewinn schmälern könnten? Oder gibt es gar einen Liquiditätsengpass?

Seite 18 und Seite 19 der Unternehmenspräsentation zeigen das Liquiditätsprofil: in Anbetracht von unausgeschöpften Kreditlinien in Höhe von 2.120 Mio. Euro, einem Cash-Bestand von 730 Mio. Euro und mit einem 4-Jahreshorizont ohne fällige Anleihen, kann die Südzucker diesen Worst-Case gut überleben, denke ich!

Ein paar Worte zu Mr. Market

Wer sich den Jahreschart 2018 der Südzucker-Aktie bis heute einmal ansieht erkennt, dass es ziemlich luftige Ausflüge nach oben und nach unten gegeben hat. Ein kurzes Zwischenhoch des Weltmarktpreises für Zucker führte den Aktienkurs des Unternehmens Ende Oktober hinauf bis auf 14 Euro, danach fiel er im Dezember auf unter 11 Euro, um dann, nach der Q3-Mitteilung mit einer „eventuell absehbaren“ Erholung des Zuckerpreises Ende 2019 und der Konkretisierung der Rationalisierungsmaßnahmen im Segment Zucker, bis auf 14,40 Euro hochzuschießen.

Die „professionellen“ (also die, die damit „ihr“ Geld verdienen) Aktien-Analysten der größten Banken tun ihr bestes, bei diesem ganzen Hin-und-Her nicht in Vergessenheit zu geraten. So ist sich zum Beispiel Goldman Sachs nicht zu blöde, am 10.01. sein „Sell“-Rating beizubehalten, um es am nächsten Tag, nachdem der Aktienkurs hoch schnellte, direkt auf ein „Neutral“ abzuändern, weil von einer „schneller als erwartet eintretenden Erholung der Profitabilität im Segment Zucker“ ausgegangen wird, die man vor 24 Stunden noch nicht „sah“.

In dieser ganzen Zeit arbeiten etwa 17.000 Menschen bei einem Konzern, der aller Voraussicht auch in diesem Jahr über 6.500 Mio. Euro Umsatz erwirtschaften wird. Die hyperaktiven Sprünge in der Marktbewertung dieses Konzerns sollten keinem langfristig orientieren Investor schlaflöse Nächte bereiten. Mit den Worten von Warren Buffet: „Kaufe kein Unternehmen für einen Tag, dass du nicht auch 10 Jahre würdest halten wollen.“ Oder: „Wenn ich eine Immobilie kaufe, dann verkaufe ich sie am nächsten Tag doch nicht gleich wieder, nur weil mein Nachbar seine, gleiche Immobilie für 1000 Euro weniger verkauft hat!“.

Fazit

Kurzum: Niemand „sieht“ irgendwas, wenn es die Zukunft betrifft. Ich kann mich immer nur darum kümmern, das, was berichtet wird, zu durchforsten. Die Südzucker AG betreibt eine vorbildliche Kapitalmarktkommunikation. Der Zuckerpreis wird sich nach der aktuellen europäischen Dürre und den Produktionskapazitätsanpassungen aller Hersteller auch sicherlich wieder erholen. Rohstoffmärkte und ihre -preise tendieren eben dazu, sich zyklisch zu verhalten. Und wenn der Preis auf einem historisch niedrigen Niveau bleibt, dann gilt es eben, das Segment Zucker weiter zu restrukturieren (siehe dazu auch Konkurrent Nordzucker).

Aber, und das will ich hier nicht verschweigen, trotz allen Vertrauens in meine, aus meiner Sicht, fundierten Bewertungen ringe ich jeden Tag mit mir, was ich wohl tun werde, sobald mein „Break-Even“-Punkt erreicht ist. Stand heute denke ich noch, dass ich einen Teil meiner Position auflösen werde, um den „Zucker“-Klumpen in meinem Portfolio etwas abzuschmelzen. Für 15 Euro die Aktie ist Südzucker halt nicht gerade ein Schnäppchen.

Update folgt…


Geschäftsbericht Südzucker AG 2017/18: http://www.suedzucker.de/en/Downloads/Download_Daten/Finanzberichte/2017_18/Geschaeftsberichte_2017_18/GB_2017_18/SZ_GB_2017_18_EN_1.pdf

Unternehmenspräsentation Januar 2019: https://www.suedzucker.de/en/Downloads/Download_Daten/IR_Praesentationen/2019/22_01_2019/2019-01-22-GCC-en.pdf

Ankündigung Restrukturierung Zucker-Segment: http://www.suedzucker.de/en/Presse/Aktuelle_Meldungen/Archiv_2019/2019/IR-29_01_2019/2019-01-29_Suedzucker_concretizes_restructuring_plan_for_sugar_segment.pdf