Value & Price

FuckUp-Story: Alba SE

Seit über einem Jahr keinen Artikel mehr gepostet! Wow!! Was für eine Durststrecke. 🙂

Tja, was soll ich sagen: in Bezug auf Aktien und das „Value-Investing“ habe ich tatsächlich so etwas wie eine Sinnkrise. Zunächst ist da die Corona-Zeit gewesen, welche jedwede rückwirkende Betrachtung von Dividenden- oder Gewinnhistorien irgendwie „obsoletisiert“ (gibt es das Wort überhaupt?). Ferner, und darum soll es heute gehen, habe ich in den letzten Jahren aktientechnisch tatsächlich mal richtig ist Klo gegriffen, was mich an meiner eigenen Urteilskraft in Bezug auf meine Aktienauswahl hat etwas zweifeln lassen.

Aber: alles Schlechte hat wohl auch immer etwas Gutes, hat mir meine Oma mal geflüstert, und daher machen wir aus dem „Klogriff“ einfach mal eine FuckUp-Story, auf das andere aus meinen Fehlern lernen mögen.

Kurze Herleitung zur Alba SE

Meine Beweggründe dafür, Alba SE Aktien zu kaufen, habe ich in einem eigenen Artikel auf diesem Blog dargelegt. Ich will die Herleitung der Entscheidung daher hier nicht weiter ausführen. Kurz gesagt: ich habe nach Anlagemöglichkeiten gesucht, fand die Branche der „Müllverarbeitung“ in einer in Müll erstickenden Welt ziemlich attraktiv und darüber hinaus war die Dividendenhistorie der Alba SE Aktie (aus besonderen Gründen, wie sich herausstellte) ziemlich überzeugend.

Ich entschied mich also am 29. Juli 2021 dazu, zunächst 30 Alba SE Aktien zum Preis von 61,50 Euro zu kaufen. Wem die Aktie bei diesem Kurs schon zusagte, der wird die Aktie bei einem Kurs unter 50 Euro lieben. Demzufolge entschied ich mich am 9. Dezember 2021 dazu, noch 15 Alba SE Aktien zum Kurs von 45,80 Euro nachzukaufen. Natürlich bin ich davon ausgegangen, das dieser Rücksetzer von ca. 34% nur eine „Fehlbewertung“ des Marktes sein kann (Räusper!).

Am 04.05.2024, also knapp 3 Jahre später, steht die Aktie bei rund 10,50 Euro, eine Dividende ist bis auf Weiteres nicht zu erwarten. Das Geschäftsmodell der Alba SE ist nach meinem Dafürhalten im Vergleich zu 2021 nicht sonderlich anders. Einzig die Konzernstruktur/Eingliederung der SE in das Gesamtkonstrukt „Alba“ ist verändert.

Halten oder Verkaufen?

Nun ist ein Aktienkursverlust von knapp 80% erstmal nur ein „Buchverlust“. Eine „Neubewertung“ wenn man so will. Mit dieser „Neubewertung“ des Marktes hätte ich tatsächlich kein Problem, wenn denn wenigstens eine regelmäßige Dividende flösse, die Gewinnaussichten attraktiv wären oder es stille Reserven gäbe oder oder oder…. Irgendwas eben, woran ich meine „Hoffnung auf zukünftige Erträge“ klammern könnte.

Der letzte Bericht, den ich mir zur Alba SE angesehen habe, war der Halbjahresbericht 2023. Dort steht im Prognosebericht auf Seite 10:

Trotz eines Ergebnisses nach Steuern im Berichtszeitraum von -0,9 Mio. Euro rechnet das Management vor allem wegen im zweiten Halbjahr steigender Zinserträge für das gesamte Geschäftsjahr 2023 mit einem positiven Ergebnis nach Steuern in Höhe von bis zu 2 Mio. Euro. Das Ergebnis nach Steuern zählt nicht zu den Steuerungsgrößen.

Die Einbindung in die Finanzierungsstruktur der ALBA Europe Holding KG sichert der ALBA SE- Gruppe auch in Zukunft die erforderlichen liquiden Mittel.

Halbjahresfinanzbericht 2023, alba se

Joah! Die Einbindung in das „Liquiditätsmanagement“ der Alba SE Gruppe sichert die Finanzierung, aber bei einem Freefloat der SE von knapp 7% ist nicht damit zu rechnen, dass die Gewinne dann „irgendwann“ auch an die 7% fließen, zu denen ich gehöre.

Zusammengefasst: die Aussichten sind nicht rosig, ich muss „raus“ und die Frage lautet: Wie komme ich hier für mich begründbar und plausibel raus?

Es gibt einen Ausweg…

Bildlich gesprochen sitze ich also grübelnd auf diesen 45 Aktien der Alba SE mit einem unrealisierten Kursverlust von ca. 80% und bin genervt, desillusioniert und frustriert. Während ich aber so sitze trudeln doch tatsächlich so wie jedes Jahr die Einladungen zu den Hauptversammlungen der anderen Aktiengesellschaften ein: Allianz, BASF, GBK Beteiligungen… Die Dividendenvorschläge, die über die Tagesordnungspunkte den Einladungen kolportiert werden, lassen mir ein plausibles „Lichtchen“ aufgehen: Was wäre, wenn ich das, was ich durch die dieses Jahr fließenden Dividenden erhalte, gegen den zu realisierenden Kursverlust der Alba SE Position aufrechne?

Das würde bedeuten, dass ich dieses Jahr keinen „Ertrag“ durch Dividendenzuflüsse hätte, aber auch defacto keinen „Verlust“ durch die Realisierung des Kursverlustes der Alba SE Aktien. Eine „Nullrunde“ im Dividendenbereich für dieses Jahr, aber ich bekäme meine „Hände wieder aus dem Klo“ (um bei der Metapher vom Beginn dieses Artikels zu bleiben).

Heute, am 05.04.2024 habe ich die 45 Aktien also auf den Markt geworfen und dafür 10,50 Euro pro Stück Verkaufserlös erhalten. Ich plane, mit diesen Mitteln nun noch meine GBK-Position aufzustocken, um die avisierten 5,3% Dividendenrendite (Dividendenvorschlag von 0,25 Euro je Aktie nach der Hauptversammlung am 31.05.2024) noch intensiver einzuheimsen.

Fazit

Ich habe am eigenen Leib den Trotz erfahren, der mit einem so intensiven Kursverlust wie ich ihn mit der Alba SE einzustecken hatte, einhergeht. Es war mir als „bedachtem Value-Investor“ wichtig, eine fundierte und begründete Entscheidung für oder gegen die Position zu treffen und letztendlich habe ich eine für mich akzeptable Entscheidung getroffen.

Auf der anderen Seite macht mir aber auch die Vorstellung, die Alba SE Aktien bis zu einem Kurs von „Null“ zu halten, keine Angst. „Weg ist eben weg“ und irgendwann zwischen 2021 und 2024 hat sich die Akzeptanz dieser Situation eingestellt, spürte ich. Vor diesem Hintergrund ist der heutige Verkauf doch auch ein „Heben von stillen Reserven“, oder? 🙂

4 Kommentare

  1. Volker

    Ja so einen Fehlgriff macht wohl jeder mal… konsequent bei -20% verkaufen, so mach ich das, auch wenns weh tut.

    Gutes Geld nicht schlechtem hinterher werfen, also nachkaufen..

  2. FoxSr

    Hallo Vincent,
    Dein comeback-Beitrag hat was….Finde ich gut, wenn Du einen Schlußstrich unter der Alba-Schieflage gezogen hast.
    Mir ging es ähnlich, ich bin in Etappen bei 48 und 43 Euro eingestiegen…Bei 27 und 25 Euro zog ich die Reißleine, weil …..die Zwillingsbrüder Eric und Axel ursprünglich die Alba-Holding in Europa und Asien aufteilen und zuordnen wollten, aber Eric an Parkinson erkrankte und sich zurückzog in den Gesellschafterausschuß…

    https://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-wirtschaft/erik-schweitzer-zieht-sich-zuruck-eigentumer-von-berliner-entsorger-alba-an-parkinson-erkrankt-9311564.html

    Damit war ein Schnitt in die Unternehmensentwicklung gekommen, schade…

    Es war mein größtes Fehlinvestment, ich habe fast 50% verloren.

    Über was mache ich mir seitdem Gedanken? Vielleicht ist es doch besser, wenn ich generell einen stopp loss von 20% einziehe, weil ich dann keine „fallen angels“ längerfristig als totes Kapital“ in meinen Depots mitziehe….Gewinne laufen lassen und Verluste abschneiden, das klingt immer so einfach…

    Zu einer Zwischenlösung habe ich mich bei den Gewinnen durchgerungen: ich verwende trailing stop loss (eigentlich trailing take profit !) – Limite, so daß bei den schwelenden Krisenherden der Großteil meiner Buchgewinne in jedem Fall geschützt ist.

    Yep, und wenn ich mal eine Rakete erwische (Traton) , dann verkaufe ich bei einer gewissen Gipfelbildung 50% und setze für den Rest tsl-Limite etwa 3, 4 und 5% unter dem aktuellen Niveau…Der schöne Effekt ist, daß bei weiter steigenden Kursen die Limite laufend nach oben nachgezogen werden und das Gewinnpotential wächst.

    So, das war ziemlich technisch, aber an der Börse kann man auch mit Airbag und Reservefallschirm teilnehmen.

    Viel Spaß
    FoxSr

  3. Vincent Bouvier

    Vielen Dank für eure Kommentare und das Teilen eigener Erfahrungen/Strategien! Ich habe das Gefühl, dass die Wenigsten offen über ihre Misserfolge schreiben, obwohl das rein statistisch mindestens genauso häufig vorkommen sollte, wie Erfolge.

    @Volker: woher weißt du denn immer, ob ein Nachkaufen eine gute Idee wäre oder du wirklich nur schlechtem gutes Geld hinterherwerfen würdest? Ganz eindeutig ist das noch nie, oder? Oder bist du dir bewusst, dass du es nie wissen kannst und kaufst demnach niemals nach?

    • Volker

      Wenn ich mal 20% verloren habe, habe ich die Aktie falsch eingeschätzt, dann fliegt sie raus. Das wird nix mehr. Bin damit fast immer gut gefahren. Man kann nicht immer gewinnen.

      Mittlerweile habe ich mein Investment in Einzelaktien aber auch eingestellt, ich investiere nur noch stur in den Vanguard FTSE all world A1JX52 / Festgeld / Rohstoffe.
      Sozusagen stressfreies Weltportfolio.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert