Value & Price

ChatGPT & Immobilien

Mir ist gestern aufgefallen, dass ich meinen letzten Blogartikel im Juli 2022 verfasst habe. Meine Güte ist das lange her! In einer Zeit in der die digitale Bullshit-Schleuder Welt sich mehrmals täglich um sich selbst dreht, bin ich somit also ein Fossil. Jetzt bin ich aber im Zuge des Hypes um ChatGPT auf einen Artikel gestoßen, der sich mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz im journalistischen Handwerk befasst. In Zeiten, in denen „Investigativjournalismus“ der alten Schule nicht mehr woke genug ist, sondern „anonyme Geheimdienstquellen“ als glaubwürdiger gelten, sicherlich eine gute Idee!

Aber was für den Journalismus gilt, kann doch auch für kleine, niedliche Finanzblogs wie meinem hier gelten, oder? Schauen wir mal…

Meine Frage an die KI

Zu diesem Zwecke habe ich die ChatGPT also mit folgendem Input gefüttert:

„Schreibe einen Blogartikel zum Thema Investieren in Immobilien. Ich bin Mieter in Berlin, habe 4000 Euro Haushaltseinkommen. Ich möchte gern ein eigenes Haus besitzen, bin aber besorgt wegen des steigenden Leitzinses der EZB und den damit einhergehenden, steigenden Bauzinsen. Zeige mir etwaige Alternativen zum Hausbau auf. Sei witzig, zeige Esprit und unterhalte den Leser!“

Im folgenden werde ich nun einzelne Passagen der Antwort von ChatGPT wiedergeben und sie mit meiner eigenen Meinung zur Antwort anreichern. Schon einmal vorab: es hat richtig Spaß gemacht! 🙂

Erste Antwort: die Aussichten für Immobilien

ChatGPT: Zunächst einmal die gute Nachricht: Immobilien sind nach wie vor eine der besten Möglichkeiten, um Vermögen aufzubauen. Gerade in Deutschland, wo es aufgrund der Bevölkerungsentwicklung und der wachsenden Wirtschaft eine große Nachfrage nach Wohnraum gibt, sind die Preise in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Laut einer aktuellen Studie des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) haben sich die Preise für Eigentumswohnungen in den letzten fünf Jahren um durchschnittlich 23 Prozent erhöht. Auch die Mieten sind in vielen Regionen Deutschlands gestiegen.

VB: Die KI geht also davon aus, dass die Nachfrage nach Wohnraum aufgrund der Bevölkerungsentwicklung und des Wirtschaftswachstums auch in Zukunft hoch bleiben wird. Hmm… Die Bevölkerungsentwicklung Deutschlands von 2011 bis 2021 sieht eher nach einem Plateau aus, finde ich. Und zum Wirtschaftswachstum? Aus meiner Sicht isoliert sich der „gute Westen“ immer mehr vom Gros der Erdbevölkerung, welches sich im Fahrwasser der BRICS-Staaten auf einem solideren Wachstumspfad zu befinden scheint.

Zweite Antwort: Hausbau zu teuer oder nicht?

ChatGPT: Lassen Sie uns die Frage aus der Perspektive eines Mieters in Berlin mit einem Haushaltseinkommen von 4000 Euro pro Monat betrachten. Zunächst einmal müssen wir berücksichtigen, dass der Kauf oder Bau eines Hauses in Berlin nicht billig ist. Die durchschnittlichen Quadratmeterpreise für Wohneigentum liegen bei über 5000 Euro, und das ist nur der Kaufpreis – die Kosten für die Baufinanzierung, die Notarkosten und die Grunderwerbsteuer kommen noch hinzu.

VB: Woher er 5000 Euro pro Quadratmeter hat, weiß ich nicht. Die Daten, mit denen die KI gefüttert wurde, enden wohl irgendwann in 2021, glaube ich gelesen zu haben. Eine Schnellrecherche bei immowelt.de gibt der KI allerdings recht:

Durchschnittskaufpreise für Wohnraum in Berlin im März 2023

ChatGPT: Wenn wir uns die derzeitigen Baufinanzierungszinsen ansehen, sehen wir, dass die Zinssätze für zehnjährige Darlehen im Durchschnitt bei etwa 1,5% liegen. Das klingt auf den ersten Blick nicht schlecht, aber wenn man bedenkt, dass die Zinsen in den nächsten Jahren wahrscheinlich weiter steigen werden, kann das sehr schnell teuer werden.

VB: Wie gesagt sind das Daten irgendwann vor 2022. Aber auch hier gibt ein Schnellcheck bei immobilienscout24.de der KI in Bezug auf die Entwicklung recht:

Entwicklung der Bauzinsen von 2022 bis 2023

ChatGPT: Ein Beispiel: Wenn Sie ein Haus für 500.000 Euro kaufen und 200.000 Euro als Eigenkapital einsetzen, benötigen Sie eine Baufinanzierung von 300.000 Euro. Bei einem Zinssatz von 1,5% und einer Laufzeit von 10 Jahren betragen die monatlichen Raten etwa 2.759 Euro. Wenn die Zinsen um nur 1% steigen, steigen die monatlichen Raten auf fast 3.000 Euro – das sind fast 250 Euro mehr im Monat.

Das ist eine Menge Geld, das man jeden Monat aufbringen muss, und das ist nur der Kredit. Hinzu kommen noch andere Kosten wie Grundsteuer, Strom, Wasser, Gas und Reparaturen. Es gibt auch keine Garantie dafür, dass der Wert Ihrer Immobilie steigt, insbesondere angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheit.

VB: Auch wenn das Berechnungsbeispiel mit 1,5% Zinsen etwas „altmodisch“, weil schon 2 Jahre alt, ist, wiegt das Argument der Kostenhöhe für eine solche Finanzierung inklusive aller zu erwartenden Neben- und Wartungskosten angesichts der gestiegenen Zinsen umso schwerer.

Dritte Antwort: Alternativen?

ChatGPT: Was sind also die Alternativen zum Hausbau? Es gibt viele Optionen, die man in Betracht ziehen kann, je nach persönlicher Situation und finanziellen Möglichkeiten.

Eine Möglichkeit ist, in eine günstigere Region zu ziehen, in der die Immobilienpreise niedriger sind und die Mieten erschwinglicher sind. Wenn Sie nicht an einen bestimmten Ort gebunden sind, kann es sinnvoll sein, sich umzusehen und zu prüfen, ob Sie woanders bessere Chancen haben.

VB: Diesen Vorschlag finde ich sehr vernünftig! Niemand ist doch gezwungen, in einer teueren Metropole zu wohnen. Der Quadratmeter Wohnraum kostet in Treuenbrietzen (Brandenburg) ca. 1.700 Euro. In Lauterbach bei Fulda in Hessen sogar nur um die 1.300 Euro. Supermärkte, Ärzte, Kultureinrichtungen etc. sind vielleicht nur über etwas längere Wege zu erreichen, aber man kommt eben auch nicht in die Verlegenheit, sich von auf Asphalt klebenden Idealisten in einen Stau zwingen zu lassen.

ChatGPT: Eine Alternative zum Hausbau ist das Kaufen einer bereits bestehenden Immobilie. Hier sind die Preise oft niedriger als beim Hausbau und die Finanzierung kann einfacher sein, da das Objekt bereits existiert.

VB: Auch gut! Hier gilt das gleich Argument, welches auch für Treuenbrietzen oder Lauterbach galt. Je weiter außerhalb, desto erschwinglicher.

Eine weitere Option ist das Investieren in Immobilienfonds oder REITs (Real Estate Investment Trusts). Hier investierst du in ein Portfolio von Immobilien und profitierst von den Mieteinnahmen und der Wertsteigerung der Objekte. Die Risiken sind hier oft geringer als beim direkten Kauf einer Immobilie und die Investition kann schon mit kleinen Beträgen erfolgen.

VB: Joah! Wenn man eben noch jung ist, zunächst etwas Eigenkapital ansparen und dabei auch auf Immobilien setzten möchte, sind REITs sicherlich einen Blick wert (Beispiel für Interessierte: In meinem Depotupdate vom März 2022 habe ich meine Gründe für die Beteiligung an der Deutsche Konsum REIT AG dargelegt). Ein Umzug in eine Region, wo man bis zum Immobilienkauf aber eine gute/günstige Miete zahlt, sollte nicht vergessen werden.

Fazit

Insgesamt sind die Antworten der KI plausibel, nachvollziehbar und schlüssig. Besonders innovativ sind sie zwar nicht, aber ich kenne wenige Finanzblogs, die sich bei einer Empfehlung für Immobilieninvestments findiger, klüger oder innovativer zeigen. Das Thema ist natürlich auch kein Neues oder ein Hexenwerk, alles was man dazu sagen kann, hat irgendwo schon einmal jemand aufgeschrieben. Insofern argumentiert die KI auf Augenhöhe.

Viel interessanter wird es herauszufinden, wie sich Berufsgruppen, deren Leistung an der Produktion von guten, informativen und einzigartigen Texten bemessen lässt, auf diese neue Technologie reagieren. Zum Glück mache ich das hier nur zum Spaß. Wäre ich aber echter Journalist, dann würde ich meinen Hintern aus der Redaktionsstube auf die Straße bewegen, mit den Menschen reden, die Ereignisse wieder erlebbar machen und mich auf Investigationen besinnen, statt irgendwelche Texte, Meinungen oder Verlautbarungen wiederzukäuen. Für Letzteres ist die KI besser geeignet, für Ersteres allerdings ist der Journalismus erst erfunden worden!

2 Kommentare

  1. Matthias

    Hallo Vincent,

    korrekt und danke für Ihr Comeback!

    Die kreativen Reporter werden überleben und sich einen Namen machen.
    Die Masse der „Schreiberlinge“ wird verschwinden. Kein Wunder, denn wer hat eine Tageszeitung abonniert? Angesichts der dramatisch gestiegenen Lebenshaltungskosten steht cost cutting bei jedem Konsumenten im Vordergrund.

    Heutzutage steht bei der Masse des digitalen Angebots eindeutig „Qualität“ im Vordergrund.

    Schönes Wochenende
    Matthias

    • V. Bouvier

      Hallo Matthias,

      vielen Dank für die Grüße!

      Journalistische Qualität ist zwar immer etwas subjektiv, aber ich bin überzeugt davon, dass ein objektiver Maßstab dafür sich aus Parametern wie Kreativität, Authentizität, Glaubwürdigkeit, Vertrauen und vielleicht ganz wichtig Unabhängigkeit speisen wird. Oder guck mal hier:

      Journalistische Berufsethik

      Man liest sich das schön! Fast utopisch….

      Ebenso ein erholsames Wochenende 🙂

      V. Bouvier

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