Über drei Monate sind nun vergangen, seitdem ich das letzte mal einen voller Inspiration geschriebenen Artikel auf diesem Blog verfasst habe. Wenn die Taktrate meiner Blogbeiträge ein Indikator meiner Gemütsverfassung ist, dann waren die letzten Wochen fad, träge, ohne Motivation und insgesamt frei von jeglicher kreativer Energie, quasi am Nullpunkt. Jupp! Das trifft es ganz gut. Im Blindflug über dem gesellschaftlich-sozialen-medialen Corona-Eis hatte (und habe) ich einfach zu viel an den alltäglichen Anforderungen der Regeln, Verordnungen sowie Gesetzen des deutschen, föderalen Regimes zu knabbern, also dass das leidenschaftliche Licht in mir irgendeinen sinnvollen Erguss produzieren könnte.

So! Genug gemeckert!! Jetzt wollen wir wieder optimistisch sein und ich freue mich darüber, dass mich heute eine Muse namens „Edward Snowden“ aus den Tiefen des Pessimismus befreit hat. Jedenfalls lange genug, um diesen Artikel zu Ende zu schreiben.

Was schreibt denn der Edward?

Ganz einfach: er schreibt mir aus der Seele und schon bei der Einleitung hatte er mich mit meiner ganzen Stimmung vollkommen beschrieben und erfasst; „gehookt“ würde ich sagen, wenn jemand gern „cringy shit“ liest.

For a long time now, I’ve wanted to write to you, but found myself unable. Not from illness—although that came and went—but because I refuse to put something in your inbox that I feel isn’t worth your time. 

The endless stream of events that the world provides to remark upon has the tendency to take on an almost physical weight, and robs me of what I can only describe as origination energy: the creative spark that empowers us not simply to do something, but to do something new. Without it, even the best of what I can produce feels derivative and workmanlike—good enough for government, perhaps, but not good enough for you. 

Edward snowden in „Cultural Revolutions

Er triggert quasi alle meine Sorgen in zwei Absätzen und das hat mich unglaublich „geflasht“, er sprach mir wirklich aus dem Herzen.

Er will nicht einfach nur irgendeinen generischen Bullshit schreiben und publizieren, sondern inspirieren. Check!

„Illness“? Check! Bei mir war es der Jackpot: Covid-19 Baby! Came and went!

Heavy Lifting
Symbolbild 🙂

Die global unendliche Fülle an „events“, die ich kommentieren könnte, die falsch laufen, die vor Ungerechtigkeit zum Himmel schreien, die aus meiner Sicht einfach falsch sind, denen man sich aber machtlos ausgeliefert fühlt, lasten tatsächlich manchmal wie ein „physical weight“ auf mir und zerdrücken damit jedwede kreative Energie. Check!

Was macht der Edward also? Er wendet sich den Büchern zu, sucht nach Antworten, Inspirationen und nach einem für sich vernünftigen Weg, irgendwie den Kopf oben zu halten, mutig zu bleiben und weiterzumachen. Check!

Welches Buch für ihn so inspirierend war, möchte ich nicht vorwegnehmen, sondern empfehle meinen Lesern, sich seinen Artikel „Cultural Revolutions“ selbst zu Gemüte zu führen.

Ich würde hier aber nun gern zum besten geben, was ich in meiner Blogabstinenz gelesen habe.


Bevor ich jetzt gleich in die beiden Bücher einsteige, die ich quasi parallel gelesen habe, weil es zwischen ihnen, ich weiß nicht ob das beabsichtigt war, immer wieder Schnittpunkte gab, möchte ich vorausschicken, dass ich keinerlei „Affiliation“ mit den Autoren oder irgendeinem Verlag oder irgendeinem Buchhändler habe. Die Bücher habe ich mir privat gekauft, privat gelesen und schreibe jetzt aus freien Stücken, soll heißen ohne finanzielle Motivation darüber. Wie der orangefarbene Notizzettel sagt: 100% werbefrei!


Thomas Röper

Mit seinem Blog „anti-spiegel.ru“ gelingt es Thomas Röper regelmäßig, die Doppelstandards der deutschen Leitmedien offenzulegen, die russische Perspektive auf geopolitische Themen zu vermitteln und ganz nebenbei den verrückten medialen Alltag in unserem schönen Deutschland kurzweilig zu kommentieren. „Fundierte Medienkritik„, nennt er das. In seinem jüngsten Buch „Abhängig beschäftigt“ zieht er im ersten Teil eine Linie vom heutzutage quasi salonfähigen Lobbyismus über ein paar politische Entscheidungen der letzten Jahre sowie deren „wahren Drahtziehern“ bis hin zu der Idee/Vision eines „demokratischen Kapitalismus„. Letzterer verbietet im Wesentlichen den Lobbyismus, tritt für mehr Wettbewerb zwischen den Unternehmen ein und plädiert für eine vollständige Transparenz im Journalismus („Wer schreibt und wird von wem bezahlt?„).

Obwohl Röper seine Überschriften oftmals etwas verschwörerisch wählt und mich das skeptisch macht (Untertitel des Buches: „wie Deutschlands führende Politiker im Interesse der wirklich Mächtigen handeln„), kann ich die Fakten, Meinungen, Statements, die er mir während der Lektüre so vorführt, nicht von der Hand weisen. Somit scheint auch der zweite Teil seines Buches, in dem er aktuell führende Köpfe der deutschen Politik in Bezug auf Ausbildung, Eignung und sonstigen Lebenslauf durchleuchtet ein genussvoller Beleg für die Abgehobenheit der deutschen politischen „Elite“ und ihrer Nähe zum Kapital.

Dr. Norbert Häring

Ich denke nicht, dass sich Häring beim Verfassen seines Buches „Endspiel des Kapitalismus“ mit Röper abgestimmt hat. Aber auf meinem Tisch lagen zu irgendeinem Zeitpunkt in der Vergangenheit beide Bücher, also Röpers und Härings, nebeneinander. Der Untertitel bei Häring lautet übrigens „wie die Konzerne die Macht übernahmen und wie wir sie zurückholen„. Ich kam also nicht umhin, auch dieses Buch mit der Suche nach Belegen für „die wahren Mächtigen„, die „Strippenzieher„, die „Schattenmächte“ zu durchforsten.

Härings Analyse beginnt mit einer Zustandsbeschreibung des kapitalistischen Wirtschaftssystems während der Corona-Krise. Ein Gremium, welches sich schon lange vorher gebildet hat und welches für den beschriebenen Zustand hauptsächlich mitverantwortlich ist, ist das Weltwirtschaftsforum mit all seinen Trabanten. Hier sind mir übrigens zum ersten Mal die parallelen zu den Biografien „unserer“ Politiker aufgefallen, die Röper so schön aufgezeigt hat. In der Essenz hat das Kapital lt. Häring mindestens die UN durchdrungen und im Griff. Und ja, es fallen auch die Begriffe „Bill & Melinda Gates Stiftung“ sowie „WHO„.

Im zweiten Teil des Buches seziert Häring nochmal den Urschleim unseres Geldsystems, der inzwischen schon jedem aufmerksamen Leser geläufig sein sollte: die Grundlage der Zinsen, Quellen des Profits, die Geldschöpfung, der entartete Finanzsektor und landet logischerweise bei der Konzentration der Vermögen, wie wir sie heutzutage vorfinden.

… und noch mehr Dr. Häring

Im dritten und namensgebenden Part des Buches beschreibt Häring im Wesentlichen die schlimmen Utopien, die man auch seit Jahren schon auf seinem Blog „Geld und mehr“ nachlesen kann: die Bargeldabschaffung und Einführung einer persönlichen, digitalen ID, um jeden Menschen transparent zu machen, die Digitalisierung, Kontrolle und Entmündigung der Bürger, was letztendlich in einem „Neo-Feudalismus“ münden wird/könnte.

Der Kapitalismus ist in der Krise. Die Menschen sind unzufrieden mit der Vermögenskonzentration, sie können von ihrer Arbeit nicht mehr leben, es knistert und knarrt an allen Enden. Hunger, Kriege, Tod, alles im Namen der „westlichen Werte“, des Profits. Es muss sich was verändert, es muss Druck aus diesem Kessel abgelassen werden, ABER: die Besitzverhältnisse dürfen durch diese „Umgestaltung“ aus Sicht der „Oberen“ natürlich nicht angetastet werden. ERGO: Neo-Feudalismus nach dem Vorbild des mittelalterlichen Feudalismus, den Häring wie folgt charakterisiert:

… streng hierarchisch organisiert. Die höchste Ebene gewährte der nächsten Ebene Privilegien im Austausch gegen Dienste und so weiter, bis ganz nach unten, wo die große Masse der weitgehend rechtlosen und ungebildeten Untertanten ihr Dasein fristete.

„endspiel des Kapitalismus“, NOrbert Häring, Seite 219

Naja und wie hält man die „Untertanen“ in der Spur? Mit Propaganda, Kontrolle und Repression. So steht es geschrieben.

Härings Vision

Weil ich nun schon so viel zu seinem Buch geschrieben habe und niemanden die Neugier darauf nehmen möchte, soll hier nur einer seiner Lösungsansätze erwähnt werden: eine echte soziale Marktwirtschaft, in denen die Unternehmen nicht primär (aber auch!) dem Kapital dienen, sondern den Menschen, die mit ihnen zu tun haben, die von ihm abhängen (Arbeiter, Anwohner, Kunden, Lieferanten etc.). Dies umfasst natürlich auch die Banken per se und schafft auf diese Weise en passant einen gesellschaftsdienlichen Finanzsektor.

Auf Basis seiner Ideen skizziert Häring tatsächlich eine Zukunft, in der Frieden, Miteinander, Gerechtigkeit und Bildung herrscht, die letztendlich eine „Emanzipation von den Schattenmächten“ ermöglicht. Ach wie schön!

Mein Fazit

Beide Bücher quasi-parallel zu lesen, die Gedanken den Autoren aufzunehmen, ihre Belege zu prüfen, ihre Visionen zu durchdenken; all das hat mir Hoffnung gegeben. Die aktuelle Krise des Kapitalismus hält schon lange an. Die Corona-Situation mit den knappen Intensivbetten – weil eigentlich geht es doch nur darum oder? – ist ein Symptom dieser Kapitalismuskrise, in der Krankenhäuser nicht staatlich sind und der Daseinsvorsorge dienen, sondern auf Profit und Auslastung getrimmt sein müssen. Das mediale Propaganda-Feuerwerk ist auch nur ein Symptom der Kapitalismuskrise, in der Medien-Vielfalt scheinbar natürlich den Medien-Monopolen weicht (ARD, ZDF, Burda, Springer, Bertelsmann etc.).

Tatsächliche Darstellung

Wenn ich mich nun also wieder einmal darauf besinne, was mir mein Yoga-Lehrer schon seit mehrere Jahren versucht einzutrichtern, dann akzeptiere ich die Kapitalismuskrise. Ich akzeptiere die Korruption der Politik den Lobbyismus, ich akzeptiere, dass mich die Leitmedien für so blind halten, dass ich ihnen alles ungeprüft abnehme; ich akzeptiere, dass sich das deutsche Regime eher weiter vor den Amerikanern auf den Boden wirft, als dass es einen Dialog auf Augenhöhe mit China oder Russland beginnt und pflegt.

Nachdem ich das alles akzeptiert habe und sich mein Magen wieder beruhigt hat, mein Puls zurück im Ruhebereich pendelt, dann gelange ich zu dem Schluss, den Edward Snowden so galant mit dem Untertitel seines Artikels „Cultural Revolutions“ zusammengefasst hat.

„Freiheit ist kein Ziel, sondern eine Richtung!“ In diesem Sinne arbeite ich daran, niemals meine eigenen Gedanken und Überzeugungen aufzugeben, sie zu verfeinern und zu pflegen und ggf. auch offen zu artikulieren. Dies soll mir Inspiration und Motivation genug sein!