Value & Price

Seitenblicke #2

Nach der Veröffentlichung des ersten Beitrages der Kategorie „Seitenblicke“ bekam ich willkommene Anregungen für einen zweiten Artikel, die ich teilweise mit dem nun folgenden Text beantworten möchte. Zur Kategorie selbst will ich bemerken, dass es manche Aktien gibt, die ich eben nicht sehr intensiv/detailiert analysiere, weil sie bereits bei einem ersten Blick oder vom Kontext her (Land, Heimatwährung etc.) für mich nicht interessant genug erscheinen bzw. ich nicht in sie investieren würde. Bei anderen Unternehmen wiederum schaue ich auch gern 10 und 20 Mal hin und das mündet dann eben meist in einem ausführlichen Artikel. So, nun aber genug Vorgeplänkel und auf zum eigentlichen Inhalt.

Porsche Automobil Holding SE

Wie ich in einem Kommentar zu einem anderen Beitrag dieses Blogs bereits einmal bemerkte, steckt hinter dem Namen „Porsche“ nun nicht mehr das, was ich gemeinhin erwartet hätte, sprich der Autobauer. Den Hauptteil des Gesamtvermögens in Höhe von 34.820 Mio. Euro dieser Holding bilden 53,1% der Stammaktien der Volkswagen AG, was laut Halbjahresbericht vom 30.6.19 rund 31,3% des gezeichneten Kapitals des gesamten Volkswagen-Konzerns ausmacht. Darüber hinaus ist die Porsche Holding auch noch an anderen, kleineren Unternehmen beteiligt, die stets einen „Bezug zur automobilen Wertschöpfungskette, zur industriellen Fertigung oder zur Zukunft der Mobilität“ haben müssen, um für ein Engagement interessant zu sein. Der „Autobauer Porsche“ ist also jetzt Teil der Volkswagen AG, von der die Porsche Automobil Holding SE der Haupteigentümer ist.

Das Eigenkapital von „Porsche“, also der Holding, ist in Stamm- und stimmrechtslose Vorzugsaktien aufgeteilt; an der Börse handelbar sind, soweit ich es erkennen kann, aber nur die Vorzugsaktien (WKN: PAH003). Für den Verzicht auf das Stimmrecht wurde den Vorzügen eine Mehrdividende von 0,60 Euro eingeräumt. Der Buchwert je Aktie, egal ob Stamm oder Vorzug, betrug zum letzten Stichtag ziemlich genau 56,85 Euro, was in etwa auch dem aktuellen Aktienkurs entspricht. Ebenfalls erwähnenswert in diesem Zusammenhang sind die ab Seite 52 des Geschäftsberichtes von 2018 aufgeführten „Wesentlichen Ereignisse und Entwicklungen im Porsche SE Konzern“. Kurzum: auf der einen Seite gibt es natürlich noch ungeklärte Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem Diesel-Skandal der deutschen Autobauer. Zum Anderen ist aber auch der „Erwerb“ des 53%-igen Anteils an der VW AG noch genügend Anlass für etwaige juristische Auseinandersetzung.

Ich will keine abschließende Zahl für den inneren Wert der Aktie angeben, weil mir das zu vage wäre. Wenn ich aber in den „Autobauer Porsche“ investieren wollen würde, dann zöge ich eher den von der deutschen Politik „gepamperten“ Industriekonzern Volkswagen AG in Betracht, statt die Vorzugsaktien einer schlecht diversifizierten Beteiligungsgesellschaft der Familie Piëch.

Stora Enso

Die „Renewable Materials Company“ Stora Enso ist ein aus einer im Jahre 1998 durchgeführten Fusion der Firma Stora (schwedisch) und Enso (finnisch) hervorgegangener, holzverarbeitender Konzern. „Renewable“ ist dieses „zweitgrößte Forstunternehmen der Welt„, weil seine Produkte hauptsächlich aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz basieren. Mit „Papier, Zellstoffen, Verpackungen, Biomaterialien und Holzprodukten“ sowie dem dazugehörigen Kundenservice setzte das Unternehmen 2018 insgesamt 10.500 Mio. Euro um. Das EBIT lag bei 1.325 Mio. Euro (EBIT-Marge: 12,6%).

Auf Seite 84 des 2018er Geschäftsberichtes befindet sich eine schöne Übersicht der Finanzperformanceleistung des Konzerns der letzten 10 Jahre. In dieser Zeit erwirtschaftete Stora Enso einen durchschnittlichen Gewinn von 0,46 Euro je Aktie und schüttete durchschnittlichen 0,33 Euro je Aktie an Dividende aus. Das entspricht beim aktuellen Kurs der A-Shares (FI0009005961, 9,25 Euro) einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20 und einer Dividendenrendite von 3,6%.

Apropos A-Shares: Das Grundkapital Stora Ensos ist in A- und R-Aktien eingeteilt. Eine A-Aktie hat ein Stimmrecht, 10 R-Aktien haben auch ein Stimmrecht. Jeder Aktionär ha t aber mindestens ein Stimrecht. Wenn man also nur 4 R-Aktien hat, hat man auch genau das eine Stimmrecht. Und A-Aktien können, auf Wunsch, ein R-Aktien umgetauscht werden. (siehe Seite 80 des 2018er Geschäftsberichtes).

Stora Enso innerer Wert

In den letzten 10 Jahren hat das Unternehmen sein Eigenkaptial je Aktie stetig steigern können. Ende 2018 betrug diese Kennzahl 8,51 Euro je Aktie. Für 2019 gab der Vorstand keine Prognose ab; ich möchte daher zur Illustration der Geschäftsaussichten hier ein Zitat aus dem Halbjahresbericht 2019 anführen; optimistisch klingt anders, finde ich:

Further deteriorating trading conditions caused by geopolitical uncertainties related to trade wars and a possible hard Brexit are expected to impact Stora Enso negatively. Demand growth is forecast to slow down for Stora Enso’s businesses in general and demand decline is escalating for European paper.

Halbjahresfinanzbericht 2019, Stora enso

In den letzten 10 Jahren gab es zwei Verlustjahre (2013 & 2009), in denen trotzdem eine Dividende ausgeschüttet wurde. Das ist zwar sehr aktionärsfreundlich, aber mein Gefühl sagt mir, dass das keine gute Idee ist. Nichtsdestotrotz bin ich der Ansicht, dass holzbasierte Produkte ein Baustein zur Lösung der zukünftige, globalen, klimatischen sowie rohstofftechnischen Probleme sein kann. Bei 9,25 Euro sind die A-Aktien dieses Unternehmens zwar kein Schnäppchen, aber fair bewertet, finde ich.

Erlebnis Akademie AG (EAK)

Es gibt so Unternehmen, von denen ich nicht vermuten würde, dass es sie gibt, und es gibt sie doch! So ein Unternehmen ist die Erlebnis Akademie AG, ein „führender Anbieter und Betreiber von Baumwipfelpfaden„. Meine Intuition flüstert mir, dass das sicherlich ein ziemlich saisonal beeinflusstes Geschäft ist, aber der Durchschnittsgewinn der letzten 6 Jahre lag bei 0,30 Euro und ist innerhalb dieser Zeit jedes Jahr angestiegen. Das 2018er Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) beträgt 24,5 (aktueller Aktienkurs: 11,50 Euro), das retrospektive KGV sogar 38. Eine Dividende gab es im betrachteten Zeitraum nicht; es scheint sich also um ein Wachstumsunternehmen zu handeln.

Neben dem Geschäftsbereich BWP („Baumwipfelpfade“) gibt es noch den Bereich „Gastronomie und Merchandise“ sowie „s.e.t“ (Seminare/Events/Training). Im Geschäftsjahr 2018 erzielt die „EAK“ einen Umsatz von 15,3 Mio. Euro, woraus sich ein EBIT von 2,3 Mio. Euro ergab (EBIT-Marge: 15%). Der Cash-Flow für 2017 wurde nicht ausgewiesen, weil 2017 offensichtlich niemand den Abschluss geprüft hat, weil er auch nicht geprüft werden musste („untestiert“ steht an dieser Stelle im 2018er Bericht). Für 2018 allerdings steht ein operativer CashFlow von 4,16 Mio. Euro zu Buche. Nach Abzug des „Ausgleichspostens für Anteile anderer Gesellschafter“ bleibt ein Aktionärseigenkapital von 12,45 Mio. Euro stehen. Auf die 1,78 Mio. ausstehenden Aktien heruntergerechnet ergibt dies einen Eigenkapital je Aktie von fast genau 7 Euro. Die Eigenkapitalquote in der Bilanz liegt übrigens bei knapp 40%.

Wenn ich davon absehe, dass ich den Betrieb und Aufbau von „BWPs“ nicht als klassisches Value-Investement bezeichnen würde, dann sind auch die Finanzkennzahlen kein Grund dafür, dieses Unternehmen zum Kurs von 11,50 Euro für ein Engagement in Betracht zu ziehen. Die Historie zum Geschäft ist nicht ausreichend nachvollziehbar, das KGV ist zu hoch und auch der Buchwert rechtfertig den Aktienkurs nicht. Aber eines ist sicher: mein Vorurteil, dass Baumwipfelpfade von reichen Gemeinden in schönen Lagen zu Prestigezwecken und auf Pump hochgezogen werden, kann ich ad acta legen.

2 Kommentare

  1. C. M.

    Hallo Vincent,

    vielen Dank, dass du meine Vorschläge gleich in #2 berücksichtigt hast. Wie immer finde ich deine Analysen sehr interessant und kann daraus viel „lernen“.

    Als ich das erste Mal über die „Erlebnis Akademie AG“ gestolpert bin, war ich ähnlich verwundert wie du 😉

    Zu Stora Enso habe ich noch eine sehr ausführliche und interessante Value-Analyse gefunden (ca. 6 Monate alt). Die innere Wert wurde hier auf 16,79€ bestimmt.
    https://bolesch-analysen.com/unternehmensanalysen/stora-enso/

    Beste Grüße
    – Christoph –

  2. Vincent Bouvier

    Lieber Christoph,

    das ist in der Tat ein sehr ausführliche und interessante Analyse.

    Abgesehen von all den anderen Kennzahlen, die im Rahmen dieser Analyse genannt und berechnet werden, geht der inhaltlich verantwortliche für diese Analyse, Herr Knobeloch, von einem durchschnittlichen zukünftigen, jährlichen Wachstum des Gewinnes und CashFlows von 14% aus. Diese Zahl ergibt sich aus der Multiplikation der in die Zukunft fortgeschriebenen bisherigen Gewinne/CashFlows (bzw. der Extrapolation davon) mit einem subjektiven „Eintrittswahrscheinlichkeitsfaktor“ von 1,15.

    Wie bereits mehrfach erwähnt, gibt es keine allgemein gültige Definition für Berechnung des inneren Wertes einer Aktie. Jeder kann das machen, wie er es für richtig hält. Speziell bei Stora Enso wäre mir aufgrund der Geschäftsaussichten sowie der Schwankungen von Gewinn/CashFlow eine komfortable Sicherheitsmarge auf Buchwert und zukünftige Gewinne aber sehr wichtig. Diese hat er Knobeloch bei seinen Betrachtungen aber nicht berücksichtigt, stattdessen geht er davon aus, dass alles so eintrifft, wie er es für die Zukunft voraussgesagt hat.

    Wie gesagt: Jeder so wie er mag!! Viel Erfolg dabei! 🙂

    Viele Grüße

    V. Bouvier

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