Morgens im Zug: in den Zug eingestiegen, der Zug ist fast leer, es sind viele Plätze frei und gleich gut, wo setze ich mich also hin? Ich scanne die einzelnen Sitzgelegenheiten nach dem einen oder anderen Vorteil ab; Sonne, Licht, Möglichkeit ungestört lesen zu können etc. Irgendwas wird mich schon ‚flashen‘ und dann werde ich es wissen.

Plötzlich wird einer dieser Plätze so klar und eindeutig der Vorteilhafteste an diesem Morgen, weil ich, wenn ich mich dort niederlasse, eine junge Frau in einem blass-blauen Kleid fast vollständig einsehen kann. Sie sitzt mit ihrem Smartphone in der Hand an die Wand gelehnt, hat Kopfhörer in den Ohren und hält sich das Display vor die Nase; wahrscheinlich guckt sie gerade irgendeinen Müll auf YouTube, aber egal. An der Stelle ihres linken Beines, an der es nackt das Kleid nach unten verlässt bemerke ich, dass sie durch das Sitzen leicht wellige Haut hat, was mich aber wie üblich davon überzeugt, dass sie ein ganz normales, natürliches Mädchen ist und keine von diesen auf Fake getunten, professionellen Pornoschranzen aus dem Internet (Reale Amateure natürlich ausgenommen; Kenner wissen, wovon ich rede).

(Diese Darstellung ist nur ein Muster und weicht definitiv von der Realität ab!)

Insgesamt hat sie einen sehr fleischig schlanken Körperbau und bräunliche, leicht lockige Haare, die ihr von einem angedeuteten Mittelscheitel aus bis kurz über die Schultern fallen. Ihre Haut ist eher blass und an den Beinen und Armen sind vereinzelt rote Punkte zu erkennen, die ihrem weiblichen Gesamteindruck allerdings nichts anhaben können. Einzig ihr einmal kurz aufblitzendes, breites Lächeln, welches kleine, eng zusammenstehende und gelblich wirkende Zähne offenbart, störte ihre melancholisch-nachdenkliche Aura vorübergehend. Hoffentlich ist das YouTube-Video also nicht allzu witzig!

Ihr vermeintliches Dilemma

Auf dem kleinen Bahntischchen neben ihr liegt eine Packung Gummibärchen, von denen sie gelegentlich einen in den Mund steckt; bei einer dieser „Nahrungsaufnahmen“ schlägt der Versuch, die Süßigkeit mit dem Mund festzuhalten, leider fehl und das Bärchen fällt gen Boden. Mäßig aufgeschreckt sucht sie ihren Schoß, ihren Sitz und ihr Kleidchen danach ab und scheint verwundert. Noch ehe sie es selbst realisiert hoffe ich, dass das süße Getier von oben in ihr Dekolleté gefallen ist und ich nun in den Genuss komme zu beobachten, wie sie dieses Problem lösen will, denn dass sie nicht allein im Zug sitzt, sollte sie inzwischen gerafft haben.

Für mich ergibt sich nun die Schwierigkeit, ständig plausible Blickrichtungen zu haben, die mein Interesse an ihrer Problematik nicht allzu aufdringlich erscheinen lassen, aber ich gebe mein Bestes und bin Zeuge davon, wie sie nach einem prüfenden Blick in das obere Ende ihres Kleides, von unten in das selbige hineingereift, dadurch, ich schätze halb ungewollt, verrät, dass sie einen okker-bräunlichen Slip trägt, und ihr Dilemma durch diesen Handstreich mir-nichts-dir-nichts löst. Faszinierend!

Moral

Ich sitze immernoch an der gleichen Stelle im Zug, während ich diese Zeilen niederschreibe. Warum nun also Moral? Nun ja.. jeden Tag, besonders in den wärmeren Jahreszeiten, geschehen mir solche Episoden. Es ist ausschließlich der äußere Reiz des Weiblichen, der mich, knapp und ansehnlich verpackt, in seinen Bann zieht.

Dabei ist es gleich, ob das eine oder andere Detail eher unansehnlich ist; wenn ein „Feature“ oder die Summe aller guten und schlechten „Features“ beeindruckt, ist das auch ein Hingucker. Ich frage mich dann stets: Ist denn der Mann für ein monogames Leben geschaffen? Ich komme ja eigentlich nicht umhin, Tag für Tag fremde Frauen quasi anzuglotzen. Was würde meine Freundin dazu sagen? Und überhaupt: Wie ginge ich damit um wenn meine Freundin dabei wäre? Diese Episoden treten ja selbst dann auf, wenn man eigentlich koital gesättigt zu sein scheint?! Hhmm.. ein schwieriges Thema!

Der Reiz dieser Situationen begründet sich meines Erachtens daraus, dass man zum Einen die Möglichkeit hat, eventuell den Blick auf etwas Geheimes oder Verbotenes zu erhaschen (einen Slip, einen Nippel oder durch die Klamotten eventuell andere Teile der Miederwar…. Moment! Vielleicht ist da ja gar keine Unterwäsche!!!) und zum anderen daraus, dass Frauen in ihrer Gott-gegebenen Ausbaustufe einfach hübsch anzusehen sind. Natürlich kribbelt es dabei ein wenig im Bauch, aber eher durch das Verbotene, denke ich, denn eine sexuelle Erregung ist bei mir ad-hoc nicht auszumachen gewesen. Ich wage einfach einmal den Vergleich mit einem grausamen Autounfall, an dem die gesamte Stauschlange ebenfalls laaaangsam vorbei schleicht, um vielleicht den Blick auf etwas Ekelhaftes, Dunkles oder Totes zu erhaschen!! Geil findet diesen Anblick wohl keiner, aber warum alle gaffen kann auch keiner erklären. Mit der Frauenwelt ist es genauso, nur eben unendlich schöner. Aber ist das mit der Monogamie verträglich? Bin ich bei all diesen Gedanken überhaupt noch treu oder bewege ich mich schon auf der anderen Seite dieser Linie?

Was tun?

Ich versuche mich der Natur dieser Fragestellung dann immer zu nähern, indem ich das Szenario weiterspinne: Wie fände ich es, wenn die Dame anders gekleidet wäre? Einen Pullover und eine Leggings trüge. Hätte das den gleichen Effekt? Liegt es also an der knappen Kleidung, dass ich so neugierig bin? (Diese These würde gestützt von der Erfahrung, dass ich mich an heißen Sommertage in einer Großstadt besonders intensiv mit dieser Problematik auseinandersetzen muss.)

Oder ich stelle mir vor, ich beginne ein Gespräch mit ihr und sie schildert mir ihre jüngsten Erfahrungen vom Besuch eines Justin-Bieber-Konzertes, das sie evtl. früher verlassen musste, weil sie noch für die Abi-Klausur zu lernen hatte. Jawoll! Und schwupps ist die rein weiblich-körperliche Anziehung transzendiert worden (oder besser: man denkt in der Realität und nicht in der Fantasie) und ich bin froh, nichts weiter mit ihr zu tun haben zu müssen.

Grundsätzlich, finde ich, sind die Gedanken frei und Monogamie muss beginnen, sobald die Tür zur Realität durschschritten ist!

So oder so: Die 60 Minuten Zugfahrt sind dabei aber wie im Fluge vergangen und somit hatte die Hirnzermarterung en passant also auch ihr Gutes. 🙂