Die unterschiedlichen Ansichten über Gold als Wertanlage/Investment finde ich sehr schön in den gegensätzlichen Standpunkten von Howard Buffett und seinem Sohn Warren illustriert.
Warren meint, das gelblich-glänzende Element Aurum wäre etwas, das Menschen auf der einen Seite der Erde ausgraben, um die Welt verschiffen, um es dann am anderen Ende der Erde wieder in den Boden einzugraben.
Sein Vater Howard hingegen hält nach den Wirren des zweiten Weltkrieges eine sehr aufschlussreiche Rede darüber, dass Gold das einzige „wahre Geld“ (sound money) sei und die Bürger nur darüber die Integrität eines Papier-Geld-Systems sicherstellen könnten. Howard stößt damit in das gleiche Horn, in das auch Alan Greenspan im Jahre 1966 stoßen wird: Gold sichert die wirtschaftliche Freiheit der Bürger.
Inner Wert von Gold?
Der innere Wert von des gelben Edelmetalls lässt sich nicht mit Zahlen fassen. Es gibt kein Kurs-Gewinn-Verhältnis, eine Eigenkapital-Quote oder einen erwarteten Cash-Flow für die nächsten Jahre. Gold hat keine Mitarbeiter, produziert nichts und macht keine Gewinne, die sich in Gewinn pro Goldklumpen messen ließen. Das einzige, was ich Gold zuschreiben würde ist ein außerbilanzieller Goodwill, der nur subjektiv beurteilt werden kann (sprich: ein immatrieller Vermögenswert/intangible Asset).
Von dieser Warte aus gesehen, hat Warren Buffett recht: Gold ist schlicht unproduktiv und kann damit auch keine messbare Rendite erwirtschaften.
Aber wenn wir schon bei Warren Buffett sind sehen wir uns doch einmal an, was er in seinem Aktionärsbrief aus dem Jahre 1983 zum außerbilanzellen Goodwill zu sagen hat: Sein Beispiel ist der Kauf der Süßwarenherstellers „See’s Candies“ im Jahre 1972, für den eines von Buffetts Tochterunternehmen (Blue Chip Stamps) einen viel höheren Kaufpreis bezahlt hat, als der bilanzielle Buchwert auswies. Die Differenz zwischen dem, was er zahlte, und dem, was in den Büchern stand, ist der ausserbilanzelle oder wirtschaftliche Goodwill, der ihm in den Jahren nach dem Kauf eine erhebliche Rendite versprach, weshalb er auch bereit war, den erhöhten Kaufpreis zu zahlen.
Nun konnte auch Warren Buffett im Jahre 1972 die Zukunft nicht voraussehen und hat vergangene Renditen einfach in die Zukunft approximiert, was bei vorliegenden Zahlen aus der Vergangenheit eine ziemlich einfach Aufgabe ist.
Kaufkraft als „Rendite-Kennzahl“
Was ist aber nun bei einem Asset wie Gold, das keine Geschäftsberichte aus der Vergangenheit vorweisen kann und somit auch keine Approximation für die Zukunft erlaubt? Ich kann nur schlecht abschätzen, wie viele Menschen ihr Vermögen in unzähligen Kriegen, Währungsreformen oder Katastrophen vollständig verloren haben. Wie möchte ich also den Werterhalt und den Wertzuwachs in heutiger Währung den Gold mir oder meinen Vorfahren durch all diese Unwegbarkeiten beschert hätte quantifizieren? Das kann ich nicht.
Aber: Es gibt Indizien dafür, dass Gold seine Kaufkraft (in welcher Währung auch immer) über Jahrhunderte erhalten hat (Als Ausgangspunkt siehe hier und hier).
Wirtschaftliche Freiheit als „Rendite“-Kennzahl
Eine weitere Kennzahl für die „Rendite“ von Gold ist der nicht-messbare Grad an „Schutz vor Auswüchsen“ er „Währungshüter“. Sagen wir eine „fiktive“ Zentralbank EZ-B kauft in großem Stil Staats- und Unternehmensanleihen, um die Wirtschaft vor einer Rezession zu bewahren. Zu diesem Zwecke gibt sie sich selbst jeden Monat ein Budget von 60-80 Milliarden Euro und behält sich vor, dieses Budget aufzustocken, sollte es notwendig sein.
Im Gegensatz dazu steht der einfache Bürger, der jeden Monat vielleicht 100-200 Euro auf sein Sparkonto packt. Selbst mit 5% Verzinsung wird der gesparte Betrag jeden Monat entwertet/verwässert, der Bürger quasi langsam enteignet. Würde der Bürger „in Gold“ sparen, wäre der Rendite-Effekt betragmäßig so groß, wie der Verwässerungseffekt. Nur leider kann ich diesen Effekt ebenfalls nicht quantifizieren, aber ich bilde mir ein, das ist wohl das, was Howard Buffett und und Alan Greenspan mit „wirtschaftlicher Freiheit“ meinten.
Sicherheit als „Rendite-Kennzahl“
Als dritte Kennzahl möchte ich die Unabhängigkeit des Goldes anführen. Jedes Asset, das sie sich vorstellen können, ist verzeichnet, messbar, nachvollziehbar etc. Immobilien, Anliehen, Sparguthaben, Aktien und so fort. Im Gegensatz dazu physisches Gold bei ihnen zu Hause unter der Matraze.
Nun lassen wir für die Dauer dieser Erörterung einmal einen Krieg ausbrechen, der mit Inflation sowie Zwangshypotheken einher geht und spielen im Kopf die Schritte durch, die notwendig wären, unser erarbeitetes Vermögen zu schützen, an uns zu reißen oder überhaupt zu „mobilisieren“. Und nun im Vergleich dazu das kleine goldene Klümpchen unter unserer Matraze. Diesen „Rendite“-Effekt kann ich allerdings ebenfalls nicht quantifizieren.
So! Natürlich sagt James Montier zu recht, das man sich bei einem Investment keine Geschichten erzählen lassen soll und auf kalte, harte Fakten schaut. Allerdings ist das gelbe Metall kein Wertpapier! Es ist ein nicht-quantifizierbarer ausserbilanzieller Vermögenswert in den ich für die o. g. Rendite-Effekte investiere, auch wenn ich weiß, dass ich es nicht beziffern kann.
Fairer Preis?
Wenn ich den Rendite-Effekt und den inneren Wert nicht beziffern kann, was ist dann der faire Preis einer Unze Gold? Mein Ansatz ist es, die Kaufkraft einer Unze heute mit der Kaufkraft einer Unze von vor 50, 100 oder 200 Jahren vergleichen. Wenn ich dann zu einer Zahl X komme und die „fiktive“ Zentralbank EZ-B hat dem Finanzsystem im aktuellen Monat weitere 60 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, während sich der Goldpreis kaum bewegt hat, dann muss meine Sicherheitsmarge ja gestiegen sein.
Das schwierige an Sicherheitsmargen ist natürlich, dass Mr. Market eine gaaanze Weile brauchen kann, bis er erkennt, was geschehen ist und seine Bewertung anpasst. Bis dahin kann das gelblich-schimmernde Metall also nur eine Beimischung für alles renditemäßig Quantifizierbare sein, denke ich.
Howard Buffett on Gold: http://www.math.snu.ac.kr/~hichoi/finmath/Human%20freedom%20rests%20on%20gold%20redeemable%20money%20(Howard%20Buffett).pdf
Alan Greenspan on Gold and Economic Freedom: https://www.constitution.org/mon/greenspan_gold.htm
Warren Buffetts Letter to Shareholders (1983): http://www.berkshirehathaway.com/letters/1983.html
Die historische Kaufkraft von Gold: https://www.goldseiten.de/artikel/303711–Wie-konstant-ist-die-Kaufkraft-von-Gold.html?seite=1
Mehr zur Kaufkraft von Gold: https://www.investor-verlag.de/rohstoffe/gold/zur-bestaendigkeit-der-kaufkraft-von-gold/
Gold (für den vermögenden Menschen) und Silber (für den „normalen“ Menschen) ist die ultimative Lebensversicherung. Auf dem Kurszettel der Börsenkurse von 1880 ist Edelmetall der einzige Wert, der heute noch in der aktuellen Börsenzeitung zu finden ist. Welchen „intrinsic“ Wert hat Gold/Silber? Dies kann man sehr leicht errechnen: z.B. 1. im Verhältnis zu einer vor 20 – 30 Jahren erworbenen Immobilie und dem heutigen Wert: es kommt die extreme Überbewertung der Immobilie zum Vorschein (aktuelle Nullzinspolitik). 2. beim Kauf eines Brotes (Silberunzen-Verhältnis), nur daß man nicht so leicht die Vergleichszahlen zur Hand hat.
Fazit: bei 10 – 15$ pro Unze Silber ist es spotbillig, m. E. aufstocken. Bei 80 Euro ist eine Munichre (2008/9) spotbillig, die sich hervorragend als Dividendenpapier in dem (noch) erfolgreichen Papier-Geld-System darstellt. Natürlich braucht man 70% Value, um einen laufenden Cash-Flow für die Rente zu generieren.
P.S. meine Webseite ist noch nicht aktualisiert, sorry….deferred compensation als real-money in LS9MVB (WPK)
Vielen Dank für den ausführlichen Kommentar!
Dass ich für ein Brot (oder eine Immobilie) viel mehr Euro-Geldeinheiten auf den Tisch legen müsste, also noch vor 20 – 30 Jahren, ist ja wenigstens offensichtlich. Nicht das Brot, aber wenigstens die Immobilie hätte mich also auch vor der Null-Zinspolitik geschützt, denn ich könnte meine überbewertete Immobilie heute wieder zurück in Euro tauschen.
Was hätte mir aber Silber gebracht? Wenn Silber heute noch unterbewertet ist, dann hat es mir die letzten 20 – 30 Jahre leider gar nichts gebracht. Und was hilft es mir da heute, dass Silber immernoch unterbewertet ist? (Value Trap?)
Edelmetalle sind für mich immer nur eine Absicherung für den Ernstfall, können aber leider keine Barrente oder CashInFlow generieren. (Stichwort: passives Einkommen). Daher liegt der „innere“ Wert aus meiner Sicht nicht bei zukünftigen, abgezinsten Zahlungsströmen, sondern bei eventuell eintretenden, durch Edelmetalle versicherten Negativereignissen.
P.S.: Die MunichRe schaue ich mir zum aktuellen Preis mal an. Danke für den Hinweis. Vielleicht ergibt sich ja bald wieder ein Investment mit Sicherheitsmarge daraus. 🙂
Lieber Vincent,
zuerst einmal Dir ein großes Lob für deine Seite voll mit gut recherchierten und ansprechend formulierten Beiträgen.
Ich investiere seit Mitte der 90er Jahre am Aktienmarkt und habe dabei die typischen Phasen der Entwicklung vollzogen. Die Lektüre von Graham, Buffett, Mugers, Hagstrom und vor allem auch Kahneman/Tversky haben meinen Stil geprägt und nach fast 30 Jahren Erfahrung sammeln, fühle ich mich bei meinen Investments nun auch wohl.
Deine Einschätzung zum Gold möchte ich gerne noch erweitern:
Interessant finde ich hier die faktischen Zahlen zum Vorkommen, der aktuellen Förderung und der Restverfügbarkeit.
Der Gesamtbestand des bisher geförderten Goldes liegt bei ca. 160.000 Tonnen. Jedes Jahr werden weitere ca. 2.500 Tonnen gefördert. Die bekannte abbaubare Restmenge beträgt ca. 90.000 Tonnen. In 40 Jahren wäre somit diese Restmenge abgebaut. Natürlich gibt es sicherlich noch weitere Lagerstätten, die aber nur zu sehr hohen Kosten relevant würden.
Pro Mensch gibt es somit nur 23 Gramm Gold und es kommen 0,4 g pro Jahr hinzu.
Der Gesamtwert des Goldes beträgt zur Zeit ca. 4,8 Billionen Euro.
Im Vergleich hierzu sind die Bilanzsummen der Zentralbanken interessant:
EZB: ca. 4,4 Billionen Euro
FED: ca. 4,5 Billionen US$
BOJ: ca. 1,8 Billionen Euro
Zusammen mit Deiner Argumentation „Krisenabsicherung, Sicherheitsmarge, etc.“ fühle ich mich mit ca. 8% physischem Gold und Silber gut aufgestellt. Ich kaufe immer mal nach (sobald der Goldpreis schwächelt; zuletzt im März) und wenn ich dann die glänzenden Münzen ins Schließfach packe, fühlt sich das verdammt gut an.
Lieber Ben72,
vielen Dank für deinen ausführlichen Beitrag.
In diesem Zusammenhang und beim aktuellen Goldkurs möchte ich dich gerne fragen, ob du auch in Erwägung ziehst, die Kursgewinne des Goldes wieder in Cash zurückzuverwandeln, oder ob du das Gold ausschließlich für die Krise im Schließfach lässt?
Viele Grüße
V. Bouvier