Value & Price

Nachtrag Vermögensaufbau

Nachdem ich meinen letzten Beitrag zum Vermögensaufbau aus meiner Sicht etwas unbefriedigend mit dem Fazit beendete, dass ein negatives Vorzeichen beim Aufbau eines Aktienvermögens fast schon natürlich ist, will ich heute etwas mehr darauf eingehen, wie man denn nun seine Performance in Bezug auf die eigenen Investitionsentscheidungen messen könnte.

Der Wortteil „-aufbau“ in „Vermögensaufbau“ impliziert ja bereits ein konstant steigendes Depotvolumen/Aktienvermögen, aber dieses Volumen könnte ja auch durch stetige Zuflüsse „frischen“ (bisher nicht im Depot enthaltenen) Geldes gewachsen sein. Somit hätten wir zwar ein negatives Vorzeichen, welches mit einem stetig anwachsenden Depotvolumen einhergeht, so wie ich es als Indikator für den Vermögensaufbau im vorangegangenen Artikel andeutete, aber über die Güte meiner Anlageentscheidungen (Käufe/Verkäufe) sagt das eigentlich noch überhaupt nichts aus.

Wie also messe ich in diesem Szenario (steigendes Depotvolumen durch frisches Geld, aber trotzdem immer ein „rotes Depot“) eben diese Güte? Woher weiß ich, dass ich ein verhältnismäßig guter Investor bin?

Undurchsichtig

Ich habe bereits mehrmals erwähnt, dass ich das „Börsenparkett“ nun schon seit mehr als 15 Jahren „betanze“. Diese Zeit ist gekennzeichnet durch fortwährende Aktienkäufe, -verkäufe, Dividendenzahlungen sowie stetige Zuflüsse frischen/neuen Geldes. Weil ich das Investieren mit dem Ziel des Vermögensaufbaus betreibe, hat mein reales Aktiendepot in den 15 Jahren daher gefühlt öfter ein negatives als ein positives Vorzeichen präsentiert. Warum das so ist/war/sein könnte, habe ich ja versucht in meinem ersten Beitrag zu diesem Thema zu illustrieren.

Meine Inspiration zum heutigen Beitrag war die logische Frage nach der Güte meiner Anlageentscheidungen. Anders ausgedrückt: Wenn mein Depot ständig wächst, aber meine einzelnen Aktienpositionen und somit das ganze Depot immer im roten Bereich liegen, woher will ich dann wissen, ob meine Anlageentscheidungen gut waren bzw. woher will ich wissen, dass das Wachstum meines Depotvolumens durch Wertsteigerungen der Aktienpositionen erzielt wurde? Es könnte doch sein, dass das Depotwachstum einzig auf den Zufluss frischen Geldes zurückführen ist und ich ein miserabler Investor bin.

Diese Frage konnte ich ad-hoc nicht beantworten, die Standardberichte meiner Depotbank halfen mir dabei nicht, weil sie nicht zwischen Wertsteigerungen der Aktien und frischen Geldzuflüssen unterscheiden. Ich musste also selbst den Versuch unternehmen, diese Frage zu beantworten.

Steuerrevelevante Erträge

Was habe ich zur Beantwortung dieser Frage getan? Ich habe mir die Jahreskapitalertragsaufstellung meiner Depotbank für mein Depot für die Jahre 2017, 2018 und 2019 angesehen und ermittelt, wie viele steuerrelevante Erträge (realisierte Gewinne) ich in jedem dieser Jahre auf dem Papier zu stehen habe. Gehen wir mal davon aus, dass ich keine Steuern zahlen muss, ich demnach also nur mein EBT (Earnings-before-Taxes) ermitteln will.

Interessant fand ich zunächst, dass ich in jedem der drei Jahre ein vierstelliges EBT erzielt habe. Ist das nun aber gut oder schlecht? Wieviel der DAX in den Jahren jeweils zugelegt hat, kann ich eins-fix-drei auf jeder zweitklassigen Börsenwebseite nachlesen. Aber die Frage, ob ich mit meinem Depot im jeweiligen Jahr besser oder schlechter war, kann ich mir so einfach nicht beantworten. Ich benötige die Relation meines EBT zu meinem eingesetzten Kapital, sprich Depotvolumen. Und hier wird die Sache etwas verzwickter.

Ja, aber welches Depotvolumen denn nun?

Genau! Welches Depotvolumen soll ich denn überhaupt ansetzen? Das vom jeweiligen Jahresbeginn? Damit vernachlässige ich doch aber alle in diesem Jahr eingezahlten Beträge frischen Geldes, die eventuell erheblich zu meinem EBT auf Jahressicht beigetragen haben könnten.

Wie wäre es also alternativ mit dem Depotvolumen des Jahresendes? Damit laufe ich wiederum Gefahr, die Güte meiner Entscheidungen zu hoch einzuschätzen, weil es ja sein könnte, dass das gesteigerte Depotvolumen vom Jahresende eher auf die Einzahlungen frischen Geldes zurückzuführen ist und eben nicht auf meine erfolgreichen Investmententscheidungen.

Am Ende ist dann doch alle Theorie grau und ich habe mich auf einen, wie ich finde, sehr pragmatischen Kompromiss mit mir selbst geeinigt.

Behold!

Ich habe meine steuerrelevanten Kapitalerträge für jedes der genannten Jahre zum Einen ins Verhältnis zum Jahresanfangsdepotvolumen (EBTa) und zum Anderen ins Verhältnis zum Jahresenddepotvolumen (EBTe) gesetzt und draus den Mittelwert gebildet (EBTm). Da steckt jetzt natürlich weniger „Magic“ drin, als vom Leser vielleicht erwartet, aber ich denke, damit habe ich der Undurchsichtigkeit der ständigen Transaktionen eines Jahres Rechnung getragen und kann einen annehmbaren Vergleich mit dem DAX herstellen.

Hier die Tabelle dazu:

EBTaEBTeEBTmDAX
201733%20%26,5%13%
201824%23%23,5%-18%
201922%10%16%25%
Performance-Kennzahlen Privatdepot VS. DAX-Performance

Verrückt oder? Es sieht so aus, als hätte ich den DAX in 2 von den 3 Jahren outperformt. Ich kann das gar nicht so richtig glauben, zumal doch in das Jahr 2018 das Gros meiner heiklen Südzucker-Story fällt.

Davon abgesehen habe ich hier natürlich nur die Performance-Kennzahlen und weder mein steuerrelevantes EBT noch mein jeweiliges Depotvolumen aufgeführt. Aber unabhängig davon, ob das für den Leser nun glaubwürdige Zahlen sind oder ob sie mein privates Depot wirklich widerspiegeln, würde ich von meiner Leserschaft jetzt nur zu gerne erfahren, ob das ein valider Weg ist, meine Jahresperformance durch das Dickicht meiner Transaktionen zu messen oder ob ich tatsächlich, was ich nicht ganz ausschließen möchte, extrem schief gewickelt bin…

Ich freue mich auf die Kommentare (gern auch Mails, wenn jemand die kommentierte Öffentlichkeit scheut)!


Post Scriptum

Vielleicht liegt die Ursache für meine vermeintliche Outperformance gegenüber dem DAX darin, dass die steuerrelevanten Erträge die „realisierten Gewinne“ darstellen und das negative Vorzeichen meines Depots die „unrealisierten Verluste“. Ich müsste also eigentlich, um diesem Umstand gerecht zu werden, auch diese beiden Zahlen miteinander vereinen (Mittelwert), um eine bessere Kennzahl meiner Depot-Performance zu erhalten.

Aber halt: es geht doch um die Güte meiner Investmententscheidungen (Kaufen/Verkaufen) und nicht um irgendwelche Buchwerte im Depot, die mir der manisch-depressive Mr. Market aufoktroyiert oder? Ach man ist das verzwickt!


Post Post Scriptum

Mir ist noch etwas eingefallen: Ich müsste vielleicht jede Aktienposition einzeln betrachten. Von Kauf, über Dividendenzahlungen, neuen Einzahlungen bzw. Nachkäufen bis zum Verkauf. Die Summe aller Einzelpositionen müsste ja dann meine Gesamtperformance darstellen. Wäre das ein besser Weg? Was ist dann mit Positionen, die ich teilweise verkaufe? Dort wäre die Performance ja dann nur unvollständig berechnet. Man! Es wird echt nicht einfacher…

2 Kommentare

  1. Tina

    Hallo Vincent,

    kennst du denn das tollen OpenSource Tool „Portfolio-Performance“ noch gar nicht?
    https://www.portfolio-performance.info

    Alle deine Fragen aus diesem Artikeln werden dir damit beantwortet 😉

    Viele Grüße
    – Tina –

  2. Mario

    Hallo Vincent,
    nach drei Jahren tüfteln in Excel habe ich mich vor zwei Jahre. ebenso für das Tool Portfolio Performance entschieden, wie von meiner Vorrednerin beschrieben. Ich habe dort sogar alle Transaktionen der letzten 10 Jahre nachgetragen und das Ergebnis und die daraus möglichen Analysen sind umwerfend.
    Viele Grüße,
    Mario

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