Die Geschäftszahlen der Wacker Neuson SE für 2019 wurden gestern veröffentlicht und während der DAX einen weiteren tiefroten Tag vollzog (mehr als 5% im Minus), schlossen die WACK01 Aktien mit einem Plus von 2%. Nun habe ich mit einer kleinen Artikelreihe zu diesem Unternehmen mehrmals seine Liquidität genauer unter die Lupe genommen (siehe hier, hier und hier) und sehe es daher schon fast als meine Pflicht an, diese Untersuchung auf Basis der gestern erschienen Zahlen fortzuführen.

Aktuelle Situation

Zum Aktienmarkt selbst und im Allgemeinen gibt es wenig neues zu berichten. Die Notenbanken senken straff die Zinsen, die deutsche Regierung stellt „unbeschränkt“ und „ungeprüft“ einen quasi unendlichen Kreditrahmen für alle deutschen Unternehmen zur Verfügung, aber Mr. Market beschwichtigt das alles nicht. Der eilige Versuch, die Gesundheitssysteme mit den „Flatten-the-curve“-Maßnahmen vor dem exponentiellen Wachstum der Ansteckungen zu schützen, sind im vollen Gange. Allerdings kann noch niemand abschätzen, ob sie rechtzeitig ergriffen worden sind oder ob wir im „Westen“, auch und gerade in den USA, vor einem „italienischen Szenario“ stehen, in dem eben wohl aufgrund der knappen medizinischen Ressource gemäß der „Triage“ entschieden werden muss, wer noch behandelt/gerettet werden kann und wen man einfach „abschreibt“.

Obwohl das alles aus menschlicher Sicht tragisch und vollkommen inakzeptabel ist, geben solche Krisensituation auch immer Anlass zum umdenken. Der neoliberale Franzose Macron kommt doch tatsächlich auf die Idee, dass ein funktionierendes und für-Krisen-Kapazitäten-vorhaltendes Gesundheitswesen ein volkswirtschaftliches Gut ist, welches man von den „Kräften des Marktes“ verschonen sollte. Tolle Idee oder? Und so innovativ! Nicht!!

Der Wirtschaftsblogger Dr. Heiner Flassbeck geht für die Wirtschaft und ihre aktuelle Vollbremsung in seinem Blog-Eintrag übrigens von einem „milden Szenario“ aus, im Rahmen dessen die ganze Misere in zwei bis drei Monaten vom Tisch ist. Selbst wenn sie bis zu 6 Monate dauern würde, könnten Arbeitslosigkeiten, Liquiditätsprobleme etc. mit den angekündigten Notmaßnahmen überbrückt werden. Er schlägt sogar vor, die Börsen für diese Zeit zu schließen, um diesen zusätzlich Unruheherd zu eliminieren. Gar keine schlechte Idee, finde ich.

Wir werden sehen, wie es weiter geht.


WACK01 in 2019

So auf den ersten Blick scheint bei Wacker Neuson erstmal alles grün zu sein: der Umsatz ist gestiegen, der Gewinn pro Aktie zwar gefallen, aber immer noch so gut positiv, dass man die (Basis-)Dividende in Höhe von 0,60 Euro konstant halten will. EBITDA- und EBIT-Marge sind zwar ebenfalls rückläufig, aber nicht im besorgniserregenden Bereich (14% und 8,1%).

Was mir jedoch seit einigen Monaten Anlass zur Sorge bereitet ist der CashFlow. Im zweiten Jahr hintereinander ist nun der operative CashFlow negativ (2018: -15,5 Mio. Euro; 2019: -20,9 Mio. Euro). Während man sich im letzten Jahr durch den Verkauf einer Immobiliengesellschaft ca. 60 Mio. Euro und die Aufnahme von langfristigen Darlehen in Höhe von 80 Mio. Euro zusätzlich Cash verschafft hat, hat man in diesem Jahr eben noch mehr Fremdkapital aufnehmen müssen (117 Mio. Euro).

Hinzu kommt, dass man den hohen Vorratsbestand aus dem Vorjahr (2018: 553,4 Mio. Euro) in 2019 leider nicht abbauen konnte, sondern eben noch erhöht hat (2019: 603 Mio. Euro). Mir ist bewusst, dass das Unternehmen natürlich immer weiter produziert und produzieren muss/möchte, um innovative und neue Produkte für die Kunden zu liefern, aber mit der aktuellen wirtschaftlichen Vollbremsung auf globaler Ebene, dem hohen Vorratsbestand und einem niedrigen Cash-Polster von 46 Mio. Euro, sieht die Situation wahrlich nicht rosig aus.

Finanzkennzahlen

Auf Basis meiner im Artikel „Insolvenzprognose (?!)“ verwendeten Kennzahlen (EK-Quote, Deckungsgrad B, Cash-Flow-Betriebsleistung, Liquiditätsgrad 2 und Gesamtkapitalrentabilität) will ich heute eine neue Berechnung anstellen (für Berechnungsdetails siehe bitte obigen Artikel dazu):

  • Bereinigtes Eigenkapital = 218,8; Bereinigte Bilanzsumme = 1.190,4; Bereinigte EK-Quote: 18,3% (Vorjahr: 29,2%)
  • Deckungsgrad B fällt von 186% leicht auf 181%
  • Cash-Flow-Betriebsleistung steigt von 7,1% solide auf rund 10%
  • Liquiditätsgrad 2 steigt von 15,7% leicht auf 16,4%
  • Gesamtkapitalrentabilität fällt von 15,1% auf 11,6%
  • als kleine Ergänzung noch das F-Score für 2018 zu 2019: es beträgt 4 von 9 möglichen Punkten

Interpretation

Die EK-Quote ist stark abgefallen, liegt aber immernoch im GELBEN Bereich für die produzierende Branche. Der Abfall ist sicherlich durch den anhaltend negativen operativen CashFlow sowie die konsequente Aufnahme von Fremdkapital zu erklären und beruhigt meinen Magen nicht.

Der Deckungsgrad B ist solide GRÜN, d. h. WACK01 muss kein Anlagevermögen verkaufen, um sein langfristiges Fremdkapital zu bedienen. Die Steigerung von Cash-Flow-Betriebsleistung deutet darauf hin, dass der Umsatz des Unternehmens nun mehr Cash generiert, also noch in 2018 (GRÜN).

Der Liquiditätsgrad 2 ist zwar ebenfalls gestiegen, liegt aber weiterhin satt im ROTEN Bereich der Branche. Im Zusammenspiel mit der gefallenen Gesamtkapitalrentabilität (weiterhin GRÜN) wird hier kein Vertrauen in die Zukunft geweckt, finde ich.

Aus diesem Grunde finde ich es auch weiterhin nicht günstig, dass das Unternehmen seine Dividende konstant hält, weil es diese nun quasi über Fremdkapital und nicht über selbst-generiertes Cash ausbezahlt. Natürlich kann ich es aus strategischer Sicht nachvollziehen, dass es jetzt Misstrauen wecken würde, wenn plötzlich die Dividende gekappt würde. Ich bin gespannt, wie es weiter geht…


F-Score-Tabelle

F-Score WACK01 für 2019 im Vergleich zu 2018