Value & Price

Seitenblicke #5

Wieder habe ich von meinen Lesern drei Vorschläge für einen Seitenblick erhalten und werde mir daher heute Villeroy & Boch AG, die Maschinenfabrik Berthold Hermle AG sowie Fiskars OY ansehen. Mein Ziel ist es, wie immer, auf nachvollziehbare Weise deutlich zu machen, ob ich die aktuelle Börsenbewertung der Aktie des jeweiligen Unternehmens für fair, zu hoch oder zu niedrig halte.

Ich wünsche nun viel Spaß beim Nachvollziehen!

Villeroy & Boch AG

Dieses Unternehmen kannte ich bisher nur von den regelmäßigen Besuchen in Restaurantlatrinen, in denen die Produkte dieses Konsumgüterherstellers entsprechend meiner Erwartung „performten“. Einfach zu bedienen und schick, wenn ich das mal so salopp formulieren darf.

Dass mehr hinter Villeroy & Boch steckt, kann man nicht zuletzt auf der Markenübersichtsseite erkennen. Anno 1748 gegründet, vereint dieses Unternehmen „weltweit renommierte Premium-Marken“ aus den Bereichen „Tischkultur“ sowie „Bad & Wellness“ (da schließt sich der Kreis) unter einem Dach. Insbesondere der Fokus auf national-traditonell verankerte Marken ist interessant: Alfödi (Ungarn), Gustavsberg (skandinavischer Raum), Mondial (Rumänien), Nahm (Thailand), Eclipse (Mexiko). Die Tatsache, dass es mit Dr. Peter Delwing einen „Leiter Innovation“ gibt, deutet darauf hin, dass das Thema Kreativität und Weiterentwicklung des Alltäglichen einen hohen Stellenwert genießt.

Laut Punkt 17 des Anhangs des 2018er Geschäftsberichtes ist das eingezahlte Grundkapital der Villeroy & Boch AG in 14.044.800 Stamm- und in ebenso viele stimmrechtslose Vorzugsaktien eingeteilt. Von den Vorzügen hält die AG Ende 2018 rund 1,7 Mio. Stück selbst, was demnach einem Freefloat von rund 12,4 Mio. Vorzugs- und allen Stammaktien gleichkommt. Allerdings kann man als Otto-Normal nur Vorzugsaktien an der Börse erwerben, da sich die Stammaktien gänzlich in den Händen der Gründerfamilien Villeroy und Boch befinden. Abzüglich der Minderheitenanteile und der selbst gehaltenen Vorzugsaktien der AG beträgt das Eigenkapital am 31.12.18 rund 204,5 Mio. Euro, was einem Buchwert je „freifliegender Aktie“ von 7,73 Euro entspricht. Zum Stichttag 30.09.2019 (Halbjahresbericht) liegt diese Kennzahl sogar nur bei 7,31 Euro und Umsatz sowie EBIT sind im Vergleich zum Vorjahr rückläufig.

Der Durchschnittsgewinn der zurückliegenden 7 Jahre beträgt 0,99 Euro je Aktie, woraus sich beim aktuellen Aktienkurs von 13,95 Euro ein retrospektives Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 14,1 errechnet. Auf den 2018er Gewinn (1,27 Euro/Aktie) liegt das KGV bei nur rund 11. Die Durchschnittsdividende der letzten 7 Jahre rentiert bei aktuellem Kurs mit 3,6 Prozent und es ist Dividendenpolitik der AG, etwa 50% des operativen Gewinns an die Aktionäre auszuschütten.

Insgesamt ist mir die Aktie bei knapp 14 Euro allerdings zu teuer. Unter Berücksichtigung einer guten Sicherheitsmarge halte ich aber einen Kurs zwischen 11 und 12 Euro für angemessen. Alles was darunter liegt, riecht für mich nach „gutem Preis“.

(Berthold) Hermle AG

Der Durchschnittsgewinn der letzten 7 Jahre der Hermle AG beträgt 12,70 Euro, was bei aktuellem Kurs von 286 Euro einem rückblickenden KGV von 22 entspricht. Die Durchschnittsdividende in diesem Zeitraum beträgt rund 11,22 Euro, was zwar eine tolle durchschnittliche Dividendenrendite von 4,1 Prozent, aber gleichzeitig auch eine Ausschüttungsquote von etwas über 88 Prozent bedeutet. Warum machen die das? Womit verdienen die ihr Geld und wieso können die sich das leisten?

Hermle baut die besten Maschinen der Welt„, sagen Viele. Genauer gesagt: Fräsmaschinen mit herausragenden Ergebnissen. Das ganze Unternehmen ist darauf ausgerichtet (Architektur, Struktur, das Arbeiten, das Denken, die Entwicklung, der Service). Mit der sprichwörtlichen (?) „Hermle-Präzision, durch Prozessberatung und Projektmanagement“ wird aus dem „banalen“ Fräsen das „besser fräsen„! Mit diesem Konzept werden Kunden auch aus sehr anspruchsvollen Branchen bedient (Medizintechnik, Luftfahrt, Werkzeugbau etc.).

Die obigen Gewinne der letzten Jahre sprechen eine beeindruckende Sprache. Auch bilanziell steht Hermle solide da. Die Eigenkapitalquote lag in den letzten Jahren immer knapp über oder unter 70%. Das Grundkapital der AG ist, wie bei Villeroy & Boch, in Stamm- (4 Mio. Stück) und stimmrechtslose Vorzugsaktien (1 Mio. Stück) eingeteilt, von denen nur noch letztere an der Börse handelbar sind. Bei einem Ende 2018 ausgewiesenen Eigenkapital von 250 Euro und 5 Mio. Aktien ergibt sich ein glatter Buchwert je Aktie von 50 Euro.

Nehmen wir einfach mal an, dass Hermle auch in den nächsten 10 Jahren so profitabel bleibt wie bisher und seine Gewinne sowie Dividenden weiter steigert. Auf die nächsten 10 Jahre nun vom 2018er Gewinn ausgegangen, eine Sicherheitsmarge auf Buchwert und Gewinne einfach mal gänzlich ignoriert, ergäbe sich ein innerer Wert für die Aktie von 10*17,48 Euro plus 50 Euro, sprich 225 Euro. Ich hoffe, ich konnte deutlich machen, dass ich den aktuellen Preis für die Aktie, auch wenn er weit unter seinem All-Time-High von 400 Euro entfernt steht, dennoch für zu hoch halte.

Fiskars OY

Der finnische Konsumgüterhersteller „Fiskars“ soll bereits im Jahre 1649 gegründet worden sein und zählt sicherlich daher viele traditionsreiche, europäische Marken zu seinem Portfolio. Dieses Portfolio wird in die strategischen Business Units Living („luxury products for tabletop, giftware and interior décor“) und Functional („tools for use in and around the house as well as outdoors“) eingeteilt. Darüber hinaus, im Segment Other, werden die Investmentaktivitäten sowie die Immobilien separat ausgewiesen.

Die Mitgliedschaft Finnlands im Euroraum erleichtert die Berechnung der Finanzkennzahlen, weil ich auf die Einbeziehung eines Wechselkurs zu Deutschland verzichten kann. Die Eigenkapitalquote des Konzern lag in den letzten Jahren immer um die 70% (vor IFRS 16). Inklusive IFRS 16 liegt die EK-Quote noch bei 56% (ohne IFRS16 läge sie, wie gewohnt über 70%; siehe Halbjahresfinanzbericht 2019, Seite 4). Das Eigenkapital je Aktie lag zum Halbjahr des Vorjahres (2018) noch bei 15,05 Euro, ist zum Halbjahr 2019 allerdings auf 9,29 Euro gefallen. Warum das denn?

Auf Seite 20 des obigen Halbjahresberichtes ist beim kurzfristigen Vermögen („Current Assets“) erkennbar, dass die Position „Investments at fair value through other comprehensive income“ sich von rund 550 Mio. Euro auf ziemlich genau 0 (in Worten Null) Euro verringert hat. Was ist da passiert? Offensichtlich war Fiskars ein langjähriger Hauptäktionär der Wärtsilä OY, zählte dieses Geschäft aber nicht mehr zu seinem „Core-Business“ und hat die knapp 32 Mio. Aktien von Wärtsilä als Extra-Dividende an die Eigentümer der Fiskars OY ausgeschüttet (Details dazu im Q1-Report aus 2019, Seite 14 ff.). Pro 5 Fiskars-Aktien, gab es wohl 2 Wärtsilä-Aktien. Ein Vorgehen, von dem ich so übrigens zum ersten Mal gelesen habe. Sehr interessant!

Fiskars – innerer Wert der Aktie

Unter Einbeziehung aller Erträge der letzten 7 Jahre, also auch der Dividenden der Wärtsilä-Beteiligung, und unter Ausklammerung des außergewöhnlich hohen Gewinns von 9,44 Euro in 2014, hat Fiskars in 6 der letzten 7 Geschäftsjahre einen durchschnittlichen Gewinn je Aktie von 1,34 Euro erwirtschaftet. Das hilft mir für die Zukunft aber nicht weiter, da diese „Ausschüttung der Wärtsilä-Aktien“ an die Fiskars-Eigentümer erst im aktuellen Geschäftsjahr abgeschlossen wurde, die vergangenen Geschäftsjahre also inklusive der Wärtsilä-Erträge/-dividenden kalkuliert wurden. Es ist nun nicht trivial, Aussagen über die zukünftigen Gewinne und somit den erwarteten Cash-Zufluss für die Aktie zu treffen.

Glücklicherweise weist Fiskars in seinen Jahresberichten 2014 bis 2017 auch „operative earnings per share“ aus, die eben ohne Aktienkursgewinne und Dividenden der Beteiligungen im Business Unit „Other“ berechnet werden. Im Schnitt lag dieser Wert bei rund 0,50 Euro. Aufgrund der von Fiskars selbst anerkannten Saisonalität seines Geschäftes, aufgrund der Unstetigkeit seiner Gewinne und die historisch nicht ganz nachvollziehbare Ertragskraft des operativen Geschäftes will ich hier gehörige Sicherheitsmargen berücksichtigen.

Für den Buchwert je Aktie sowie die zukünftigen „operativen Gewinne“ verlange ich jeweils 30% „Sicherheit“. Damit ergibt sich für mich ein innerer Wert der Aktie, der sich aus 7,14 Euro (abgesicherter Buchwert) und 0,38 Euro Gewinn je Aktie für die nächsten 5 Jahre zusammensetzt. Ergo: 9,04 Euro. Der aktuelle Fiskars Aktienkurs notiert übrigens bei knapp um die 12 Euro.

1 Kommentar

  1. Tina

    Vielen Dank für die Seitenblicke meiner vorgeschlagenen Firmen.
    Der Aktienkurs von Villeroy & Boch lag zum Zeitpunkt meines Vorschlags bei etwa 12.50€. Keine Ahnung, was Mister Market hier in den letzten 3 Wochen hochbewertet hat 😉

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