Die europäische Zuckerwirtschaft durchlebte im Oktober 2017 eine Zäsur. Vor Oktober 2017 gab es für die europäischen Zuckerproduzenten (z. B. Nordzucker, Südzucker und Pfeiffer & Langen) feste EU-Zuckerquoten, die maximal exportiert werden durften. Im Gegenzug sicherte die EU feste Zuckerpreise pro Tonne sowie Absatzmengen zu und die Zuckerhersteller konnten sich daran orientieren (Stichwörter: Quotenzucker & Mindestrübenpreise). Es waren goldene Zeiten mit planbaren Absatzmengen und Umsatzerlösen (siehe auch europäische Zuckermarktordnung oder „Das süßeste Kartell der Welt„).

Diese EU-Zuckermarktordnung endete im Oktober 2017 und von da an muss sich jeder Zuckerproduzent am Weltmarktpreis von Zucker (meist London Weißzucker No. 5) orientieren. Dafür wurden im Gegenzug aber auch die Exportbeschränkungen aufgehoben.

Eine weitere Besonderheit ist, dass sich das Zuckerwirtschaftsjahr vom Geschäftsjahr eines Zuckerproduzenten unterscheidet. Ein Zuckerwirtschaftsjahr läuft von Oktober bis September und beinhaltet Aussaat, Ernte („Kampagne“) und Absatz der Zuckerrüben. Das Südzucker-Geschäftsjahr läuft hingegen vom März eines Jahres bis zum nächsten Februar. Das bedeutet, ein Geschäftsjahr ist immer von zwei Zuckerwirtschaftsjahren beeinflusst. (1)

Rechtzeitig vor Beginn der „Kampagne“ werden mit den Kunden die Absatzmengen und -preise verhandelt. Ebenso werden vor der Aussaat die Verhandlungen mit den Rübenbauern geführt, wieviel Fläche angebaut und zu welchen Preisen die Rüben abgenommen werden. Alles also quasi fest kontrahiert pro Zuckerwirtschaftsjahr.

Mein Einstieg

Auf der Suche nach unterbewerteten Aktien stolperte ich im dritten Quartal 2016 über die Aktie der Südzucker AG. Ich schaute mir wie üblich meine Lieblingskennzahlen an und befand sie für gut…

Eigenkapitalquote

durchschn. Gewinn/Aktie

Aktionärsstruktur

durchschn. Dividende

Buchwert/Aktie

Dividendenrendite

ca. 50%

ca. 1,30 Euro

zu 56% in Besitz von Rübenbauern

ca. 0,50 Euro

ca. 24 Euro (dazu später mehr!!)

ca. 2%

… und das alles bei einem aktuellen Kurs (Q3/2016) von 22 Euro. Die Südzucker AG schien mir also vor dem Hintergrund der zu erwartenden Gewinne, der vier diversifizierten Segmente (Tiefkühlpizzen & Lebensmittelzusätze, Bio-Ethanol, Fruchtzubereitungen alles auf Basis des eigenen Zuckergeschäftes), der Verquickung von Rübenbauern und „ihrer“ AG als ein solides und günstiges Langfristinvestment in die wenig zyklische Lebensmittelbranche.

Die wegfallende Zuckermarktordnung werden die bei ihrer Größe und Segmentverteilung schon überleben, das ist eben eine gute Gelegenheit für mich, einzusteigen. Die Sicherheitsmarge nach Benjamin Graham schien mir etwas knapp, aber wenn die Aktie fällt, dann kann ich ja nachkaufen. Also stieg ich mit einem ersten Aktienpaket ein…


Europäische Zuckermarktordnung: https://de.wikipedia.org/wiki/Europäische_Zuckermarktordnung

„Das süßeste Kartell der Welt“: https://www.zeit.de/2002/43/Das_suesseste_Kartell_der_Welt

(1) siehe auch Seite 26 der Investor-Präsentation vom 5.12. 2018: http://www.suedzucker.de/de/Downloads/Download_Daten/IR_Praesentationen/2018/05_12_2018/2018-12-05-HSBC_Zurich_Investors_Conference-de.pdf