In offensichtlich hoffnungsvoller Erwartung der ersten Quartalszahlen des Geschäftsjahres 2019/2020 am 11. Juli sowie der Hauptvervsammlung plus Dividende am 18. Juli hat Mr. Market den Aktienkurs der Südzucker AG signifikant in die Höhe getrieben. So hoch sogar, dass ich nach fast 3 Jahren, die ich diese Engagement nun schon halte, mit dieser Position ein positives Vorzeichen vermelden kann.

Was nun? Wie soll ich mich verhalten? Was ist eine fundierte und kluge Value-Entscheidung? Das alles will ich in diesem Beitrag heute dokumentieren und erläutern. Auf geht es also zum verflixten 7. Teil meiner Südzucker-Story!

(Die anderen Teile befinden sich hier: Teil1, Teil2, Teil3, Teil4, Teil5, Teil6)

Kurze Rekapitulation

Wer nun tatsächlich zu faul war keine Zeit hatte, vor dem Lesen des siebenten Teils die in der Einleitung verlinkten anderen 6 Teile zu lesen, dem will ich hier nochmal einen kurzen Abriss zum Werdegang meiner Südzucker-Investition geben.

Ende 2016 entschied ich mich aufgrund meiner Südzucker-Aktien-Analyse dafür, die ersten Aktien dieses Konzerns für knapp 22 Euro zu erstehen. Durch das angekündigte Wegbrechen der alten EU-Zuckermarktordnung in 2017 Jahr brachen auch die erwartbaren Gewinne der Südzucker AG ein und mit ihnen der Aktienkurs. Nichtsdestotrotz wurden in 2017 für 2016 noch 0,45 Euro Dividende ausgeschüttet und das war ja auch nicht nichts, dachte ich so bei mir.

Durch einen Lapsus meinerseits hatte ich bei der Berechnung des inneren Wertes der Aktie das so interessante Hybrid-Kapital übersehen, das bei diesem Unternehmen noch vor dem eigentlichen Eigenkapital quasi gewinnberechtigt ist; ich hatte die Aktie also viel zu teuer gekauft; der eigentliche Buchwert lag also viel tiefer!! Im Zusammenspiel mit den fallenden Kursen sowie den schlechten Nachrichten über das gloable Zucker-Business im Allgemeinen wurde der Aktienkurs in der Folge bis auf 11 Euro (Anfang 2019) gedrückt, was mir natürlich ausreichend Gelegenheit gab, mich noch intensiver mit den einzelnen Segmenten zu befassen (CropEnergies / Agrana) und immer schön den Cost-Average-Effekt zu nutzen, um meinen zu hohen Einstiegskurs zu verringern.

Nach der letzten Aufstockung meiner Aktienposition lag mein Einstiegskurs inklusive aller dafür angefallenen Kosten bei 14,81 Euro; für das Geschäftsjahr 2018/2019 vermeldete die Südzucker AG einen Verlust pro Aktie von 4,14 Euro! Für das aktuell laufende Geschäftsjahr 2019/2020 wird auch noch kein Gewinn je Aktie erwartet, obwohl der Zuckermarkt sich langsam erholt und die angekündigten Sparmaßnahmen sukzessive ihre Wirkung entfalten sollen.

Der Aufstieg

Nachdem die Verlustkatze für das letzte Geschäftsjahr nun aus dem Sack war, gierten alle Interessierten auf die Prognose für das folgende Jahr. Eigentlich hat Südzucker nichts weiter vermeldet, außer dass sie ganz schwach, leicht steigende Zuckerpreise am Horizont sehen, die sich durch die Verschiebung des Zuckerwirtschaftsjahres aber erst im Jahr 2020/2021 so richtig bemerkbar machen würden.

Trotzdem scheint Mr. Market inzwischen wirklich davon auszugehen, dass die Talsohle des Zuckerpreises durchschritten wurde, denn anders kann ich mir den fast 40%igen Kursanstieg der letzten halben Jahres nicht erklären. Wie gesagt: passiert ist wirklich nichts!! Keine neue Prognose, der Zuckerpreis (London No. 5) dümpelt weiter bei um die 320 Euro und dieser Preis lässt noch lange keinen großen Gewinnsprünge zu, wie ich gelernt habe. Südzucker erwartet für das aktuelle Geschäftsjahr übrigens nur eine schwarze Null.

Was tun?

In meiner letzten Berechnung zum inneren Wert der Südzucker-Aktie kam ich auf rund 13,07 Euro. Der aktuelle Kurs liegt heute bei 15,60 Euro. Für mich ergeben sich hier jetzt zwei Möglichkeiten. Die eine Möglichkeit besteht darin, die Fantasie, die sich im Kurs befindet, tolle Q1/2019-Zahlen für den 11. Juli zu erwarten, die Dividende vom 18. Juli einzustreichen und danach auf die Kurserholung zu hoffen, all das mitzutragen. Aber wer den einen oder anderen Artikel in diesem Blog bereits gelesen hat, der weiß, dass Fantasie nicht das Kriterium ist, wonach ich meine Entscheidungen ausrichte.

Die zweite Möglichkeit besteht also darin, Bilanz zu ziehen und zu prüfen, ob ich eventuell und auf rund 3 Jahre gesehen bereits heute einen beruhigende Rendite eingefahren habe. Darüber hinaus ergibt sich durch die momentane Kursfantasie die Möglichkeit, den Zuckerklumpen in meinem Depot, der sich durch die Cost-Average-Keule gebildet hat, günstig abzuschmelzen. Die Überlegungen für Möglichkeit 2 möchte ich im Folgenden nun schriftlich darlegen.

„Möglichkeit 2“ – die Zahlen

Mein Einsteigskurs inklusive aller Transaktionsgebühren beträgt pro Aktie 14,81 Euro. Der aktuelle Kurs liegt rund 0,79 Euro darüber. Zu diesem „Kursgewinn“ addiere ich die Dividende von 2017 (0,45 Euro) sowie die Dividende von 2018 (0,45 Euro), macht einen Bruttoertrag je Aktie von 1,69 Euro.

Im vierten Teil meiner Südzucker-Story beschrieb ich die Absicherung meines Depot-Zuckerklumpens, die ich mir mit Hilfe von Optionsscheinen zugelegt hatte. Durch den Kursanstieg der letzten Monate sind diese Optionsscheine fast um 90% im Wert gefallen. Diese Versicherung habe ich heute noch zum Restwert (quasi 10% des ursprünglichen Einsatzes) wieder verkauft und damit, umgerechnet auf eine Südzucker-Aktie, rund 0,29 Euro Kosten je SZ-Aktie verbucht, die ich in meine Renditebetrachtung einbeziehen muss. Auch der komplette Verkauf meines Zuckerklumpens würde mich nochmals Gebühren kosten, die ich auf 0,04 Euro pro Aktie beziffere.

Wenn ich meinen Südzuckerklumpen also heute verkaufen würde, dann hätte ich pro Aktie einen Gewinn von (1,69 – 0,33) 1,36 Euro über 3 Jahre erzielt. Pro Jahr währen das dann etwa 0,45 Euro, was, bezogen auf meinen letzten Einstiegskurs, eine Rendite von etwa 3% jährlich bedeutete.

Zusammenfassung

Der intuitive Leser wird es bereits ahnen: genau so, wie ich es oben beschrieben habe, ist es heute über die Bühne gegangen. Ich habe meinen gesamten Südzuckerklumpen zum Preis von 15,60 Euro je Aktie verkauft! Die Gründe dafür sind folgende:

  • mein eigener Einsteigskurs befand sich zu weit über dem von mir zuletzt als inneren Wert definierten Kurs und für weitere Senkungen des Einstiegskurse durch Nachkäufe war ich nicht bereit; das Zucker-Risiko meines Depots hätte sich nur vergrößert
  • bei einem Verlust von 4,14 Euro je Aktie trotzdem eine Dividende ausschütten zu wollen, finde ich leichtsinning, auch wenn das eigentlich eine Subvention der Zuckerbauern ist, denen der Konzern hauptsächlich gehört
  • das aktuelle Geschäftsjahr wird ebenfalls einen Verlust je Aktie erzeugen, wenn die abgegebene Prognose eintrifft
  • ich hätte die Position auch portionsweise auflösen können; aber ich bin ein Freund von klaren Entscheidungen und da der Aktienkurs für mich von Fantasie und nicht fundamental getrieben ist, mache ich lieber einen klaren Gesamtschnitt
  • die von mir oben berechnete Rendite je Aktie ist so, dass ich meine Südzucker-Story mit etwas gefüllteren Taschen als zu Beginn passabel beenden kann

Damit ist die von vielen negativen Schlagzeilen, vielen Kurs-Aufs und -Abs und einer einmaligen wirtschaftlichen Zäsur (Ende EU-Zuckermarktordnung) geprägte Reise vorbei und ich winke dem Südzucker-Tanker hinterher. Ich habe das Gefühl, dass mich die gesamte Erfahrung ein wenig demütiger in Bezug auf zu schnelle Analysen sowie mutiger in Bezug auf das, was ich an Nachrichten/Meinungen getrost ignorieren kann, gemacht hat. Und zusammen mit einer kleinen 3%igen jährlichen Rendite ist das doch ein gutes Ergebnis.

„Epilog“

In meinem Beitrag über wirtschaftlichen Gewinn vetrat ich die Ansicht, dass das die einzig richtige Kennzahl für die Renditebetrachtung eines Value-Investors sein sollte. Nur leider steht im letzten und im laufenden Geschäftsjahr der Südzucker AG ein Verlust an, der den Buchwert des Vermögens des Unternehmens weiter verringern wird. Auch die Sparmaßnahmen des Konzern wirken in diese Richtung. Aus diesem Grunde will ich ein solche Berechnung getrost weglassen und begnüge mit der von mir berechneten Aktienrendite.

Wo die Reise für den Aktienkurs der Südzucker nun hingeht, kann ich logischerweise nicht sagen. Es mag sein, dass ich, bezogen auf den Kurs, „zu früh“ ausgestiegen bin und mich nach den Quartalszahlen der nächsten Woche richtig zu ärgern habe. Fakt ist aber für mich, dass er aktuelle Aktienkurs für das, was das Unternehmen berichtet und prognostiziert hat, einfach zu hoch ist; aus Value-Sicht habe ich heute eine für mich günstige Gelegenheit genutzt, ein überbewertetes Unternehmen zu verkaufen.

Ich möchte aber natürlich nicht ausschließen, dass es irgendwann mal wieder einen achten Teil meiner Südzucker-Story geben wird. Alles nur eine Frage des Kurses.