Wenn es gelingt, den inneren („intrinsischen“) Wert einer Aktie, eines Unternehmens, zu berechnen, dann ist es ziemlich leicht, ihn ins Verhältnis zum Kurs bzw. Kaufpreis zu setzen und um eine Aussage darüber zu treffen, ob ein Unternehmen über- oder unterbewertet ist. Nur gibt es heute keine einzige allgemeingültige Formel, die den inneren Wert objektiv bestimmt.
Warren Buffett umschreibt die Ermittlung des inneren Wertes in seinem „Eigentümerhandbuch“ von 1996: „Es ist der abgezinste Barwert der Mittel, die dem Unternehmen während seiner verbleibenden Laufzeit entnommen werden können.“ Im Nachgang schränkt er aber direkt ein und gibt zu, dass der intrinsische Wert immer nur eine Schätzung sein kann; selbst Mr. Buffett und sein „Compagnion“ Charlie Munger kommen auf Grundlage der gleichen Zahlen für ein und dasselbe Unternehmen auf unterschiedliche Einschätzungen dieses inneren Wertes.
Wir halten also fest: Der innere Wert eines Investments ist am Ende nur eine subjektive Einschätzung! Wie können wir diese Einschätzung aber nun etwas objektivieren bzw. mit Fakten unterfüttern/stützen?
Klar ist, dass der Buchwert pro Aktie (Definitionsvarianten hier, hier oder hier), nur einen Teil des inneren Wertes ausmacht. Selbst bei einer einfachen Kennzahl wie „Buchwert pro Aktie“, also bilanzielles Eigenkapital geteilt durch die Anzahl Aktien, gibt es Stolperfallen. Die im Eigenkapital ausgewiesenen „nicht beherrschenden Anteile anderer Gesellschafter“ oder andere Aktienarten (Vorzugs- oder Stammaktien) bspw. sollten bei der Berechnung des den Aktionären zustehenden Anteils am Eigenkapital abgezogen werden. Am einfachsten ist es, wenn das Eigenkapital nur aus Gewinn- und Kapitalrücklagen sowie gezeichnetem („ausgegebenem“) Kapital besteht.
So! Ausgehend vom Buchwert pro Aktie gibt es also noch weitere Wertkomponenten, die mit einbezogen werden müssen. Buffett spricht von „abgezinsten“ Barmitteln. Der Einfachheit lassen wir die Abzinsung mal beiseite und sehen uns an, was der Aktie in der nächsten Zeit für Gewinne/Barmitteln zufließen werden. Stop! Wir können nicht wissen, was die Aktie/das Unternehmen in den nächsten Jahren für Gewinne macht, also begeben wir uns nun in den subjektiven Bereich.
Benjamin Graham meint in seinem Standardwerk „Security Analysis“, dass der durchschnittliche Gewinn der letzten 7-10 Jahre einen guten Aufschluss darüber geben, was das Unternehmen, unter gleichbleibenden Bedingungen, in den nächsten Jahren verdienen wird. In dieser Zeit müssten alle Hochs und Tiefs eigentlich wenigstens einmal durchlaufen worden sein, meint er. Diesen vergangenen, durchschnittlichen Gewinn möchte Graham noch um einen „subjektiven Unsicherheitsfaktor“ des Investors verringert sehen, weil es ja eben nur eine Schätzung des Investors zukünftiger Gewinne der Aktie ist.
Vor diesem Hintergrund addiere ich also zu dem Buchwert pro Aktie noch die für meinen Anlagehorizont zufließenden Barmittel pro Aktie (wie gesagt, unverzinst!) und erhalte eine weitere Näherung an den inneren Wert der Aktie.
Ob diese Art der Berechnung nun korrekt ist oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Beliebig kann man zum Beispiel weitere Faktoren in die Berechnung der zukünftigen Barmittelzuflüsse einbeziehen: Marktposition, Markenrechte, Qualität des Managements, Konzessionen etc. Letztendlich muss der Investor diese Faktoren allerdings in Zahlungsströme pro Aktie umrechnen, um den inneren Wert zu erhalten. Richtig: eigentlich kann er heranziehen was er für relevant hält.
Fakt ist, dass kein Investor der Welt für die Korrektheit seiner Einschätzung guten Gewissens die Hand ins Feuer legen kann. Fakt ist aber auch, dass der ermittelte innere Wert einer Aktie immer nur eine Momentaufnahme ist. Warren Buffett meint in seinem „Eigentümerhandbuch“ dazu: „… der innere Wert ist eine Schätzung, die korrigiert werden muss, wenn die Zinssätze sich ändern oder die Voraussagen über den künftigen Cash-Flow [also die zufließenden Barmittel] revidiert werden müssen.“
Warren Buffetts Eigentümerhandbuch (1996): http://www.berkshirehathaway.com/ownman.pdf
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