Value & Price

Meine Südzucker-Story Teil 4

Seit meinem letzten Beitrag zu meinem Südzucker-Investment hat der Aktienkurs wieder 10% nachgegeben und Mr. Market treibt sein gewöhnliches Spiel mit mir (aktuell rund 13 Euro je Aktie). Ich möchte in diesem Artikel auf die vorgeschlagenen Restrukturierungsmaßnahmen für das Zucker-Segment, auf meine „Investment-Absicherung“ und zum Abschluss auf ein paar Worte von Warren Buffett zum Thema „Sub-Par-Businesses“ eingehen.

(Teil 1, Teil 2 und Teil 3 meiner Südzucker-Story befinden sich hier, hier und hier)

Auf geht’s!

Restrukturierung Segment Zucker

Die Ende Januar 2019 per Ad-Hoc-Meldung angekündigten Restrukturierungsmaßnahmen im Segment Zucker sind am 25.02.19 vom Aufsichtsrat abgesegnet worden. Insgesamt sollen also fünf Zuckerfabriken mit einer Produktionskapazität von etwa 700.000 Tonnen Zucker geschlossen werden. Darüber hinaus sollen die Verwaltungsstrukturen gestrafft werden, was natürlich „Konsultationen mit Arbeitnehmervertretungen“ über mögliche Maßnahmen erfordern wird (sprich: es stehen Entlassungen an).

Der Kosteneinsparungseffekt durch diese Maßnahmen „kann“ bis zu 100 Mio. Euro jährlich betragen, während Einmalaufwände zwischen 180 Mio. Euro bis 220 Mio. Euro kalkuliert sind. Diese Einmalaufwände beinhalten 70% zahlungswirksamen Geldabfluss (z. B. für Abfindungsverträge, Standortschließungen, Ersatzinvestitionen etc.) und eben auch Werthaltigkeitsprüfungen und -berichtigungen bei immateriellen Vermögenswerten (siehe dazu meinen Beitrag zum Thema Abschreibungen).

Die Jahresprognose für das Geschäftsjahr 2018/19 wird für das operative Ergebnis (EBITDA) beibehalten, allerdings ist natürlich davon auszugehen, dass sich die Einmalaufwände negativ auf den letztendlichen Jahresüberschuss, der den Aktionären zusteht, auswirken wird. Auch ist jetzt davon auszugehen, dass die 70% zahlungswirksamen Einmalaufwände dazu führen, dass die notwendige Finanzkennzahl für die Zinszahlung an die Hybrid-Anleiheninhaber nicht erfüllt werden kann (siehe dazu auch Teil 3 meiner Südzucker-Story).

Der Höhe des anfallenden Verlustes der Südzucker AG für das laufende Geschäftsjahr ist natürlich weiterhin maßgeblich vom Weltmarktpreis für Weißzucker abhängig. Wie in diesem Chart zu erkennen ist, ist die 2018er Preistalsole zwar durchschritten, allerdings dümpelt der Preis auf dem Niveau von Ende 2017 herum, das für die AG in diesem Segment leider nicht ausreicht, um profitabel zu sein (etwa 344 Euro/t). Der Futurepreis für Zucker im März 2020 steht bei 372 Euro je Tonne, was dann aber langsam nahe des Break-Even-Punktes für das Unternehmen sein sollte, ab dem die Profitabilität beginnt.

Zuckerrübenzukunft?!

Aus meiner Sicht ist die Zuckerproduktion aus der Zuckerrübe ein europäisches Relikt, das durch die alte EU-Zuckermarktordnung beschützt wurde, welches durch die Abschaffung dieser Ordnung im Oktober 2017 aber nach und nach aussterben wird. Die Zuckerproduktion aus Zuckerrohr ist effizienter, billiger und wird den Rübenzucker immer weiter verdrängen. Die 700.000 Tonnen, die Südzucker jährlich weniger produzieren will, bedeuten bei etwa 350 US-Dollar je Tonne einen um etwa 245 Mio. Dollar geringeren jährlichen Umsatz und sind erst der Anfang des Anpassungsprozesses. Das Zuckersegment muss noch weiter schrumpfen. Vielleicht greift die EU dann irgendwann wieder mit Schutzzöllen ein, weil die heimische Rübenzuckerindustrie eben auf dem Weltmarkt nicht mithalten kann, aber bis dahin wird die Konsolidierung bei den Rübenzuckerproduzenten weiter voranschreiten.

Für das kommende Geschäftsjahr sind vor dem Hintergrund der angekündigten Restrukturierungsanstrengungen sowie eventuell steigenden Zuckerpreisen für das Zuckersegment der Südzucker AG vielleicht wieder Gewinne möglich. Also abwarten!(was sonst?)

Investmentversicherung?!

Wie ich bereits einmal andeutete hat sich durch das „fröhliche Schwingen der Cost-Average-Keule“ ein ziemlicher (Süd-)“Zuckerklumpen“ in meinem Portfolio gebildet. Da ich aber nicht auf Kredit investiere und auch nur Cash verwende, dass meine Freundin nicht morgen schon für „eine neue Waschmaschine benötigt“, kann ich das gut verkraften und habe Mr. Market gegenüber ein dickes Fell. Trotzdem würde ich gern mehr von Mr. Markets negativen Ausfällen profitieren wollen und da ist der Cost-Average-Effekt jetzt einfach nicht mehr hilfreich, weil, wie gesagt, der „Zuckerklumpen“ schon so groß ist, dass ich eine immer größere Keule bräuchte, die ich mir aber leider noch nicht leisten kann. Was also tun?

Exkurs: Put-Optionsscheine

Obwohl es mir als Value-Investor widerstrebt, darüber zu schreiben, will ich zugeben, dass ich in der Vergangenheit bereits mehrmals darauf zurückgegriffen habe, mir einzelne Portfoliopositionen durch Put-Optionen abzusichern. Das funktioniert so: Es gibt Banken, mit denen ich die Wette eingehe, dass die Südzucker-Aktie zu einem Zeitpunkt X in der Zukunft unter einem Preis von Y Euro steht. Nach Abschluss dieser Wette gibt es zwei mögliche Ausgänge:

  1. Wenn der Aktienkurs zum Zeitpunkt X über Y Euro steht, verfällt meine Option einfach. Mein für die Wette eingesetztes Geld ist futsch.
  2. Wenn der Aktienkurs zum Zeitpunkt X unter Y Euro steht, erstattet mir die Bank die Differenz zwischen Aktienkurs zum Zeitpunkt X und den vorab festgelegten Y Euro.

Diese Wett- oder Optionsscheine sind natürlich frei handelbar und es werden tägliche Marktpreise dafür festgestellt. Je weiter der aktuelle Aktienkurs beim Abschluss dieser Wette vom Preis Y entfernt ist, desto billiger ist es, die Bank zu dieser Wette „zu überreden“. Wie James Montier so schön sagte:

Effectively, you should seek to buy insurance when nobody wants it, rather than when everyone is excited about the idea.

James Montier

Ich habe mich also am 04.09.2018 zum Preis von ca. 0,70 Euro je Optionsschein dafür entschieden, mit der DZ Bank AG die Wette einzugehen, dass der Südzucker-Aktienkurs am 19.06.2020 unter 8 Euro liegen wird (WKN: DD9XPS). Jetzt kann sich der Leser leicht vorstellen, dass sich, je weiter der Aktienkurs fällt, der tägliche Preis meiner Wettscheine erhöht, dass aber, je weiter der Südzucker-Aktienkurs steigt, der Wettschein wertloser wird (siehe auch meine Fußnote (1) dazu).

Fazit

Sollte der Aktienkurs der Südzucker also weiter fallen, ist das für mich kein Problem und ich partizipiere bis Juni 2020 über meine „Versicherungspolice“ an diesem unglücklichen Umstand. Sollte der Kurs weiter steigen wird meine Option im Juni 2020 zusammen mit meinem Wetteinsatz ersatzlos verfallen. Sollte der Kurs so bleiben wie er ist, verfällt meine Option im Juni 2020 ebenfalls wertlos. Ich kann also auch hier nur abwarten.

Abschließen möchte ich diesen Beitrag mit einem Zitat Warren Buffets zu seinen „Sub-Par-Businesses“. Der Golfbegriff „Par“ bezeichnet die erwartete Anzahl Golfschläge, um den Golfball vom Abschlag bis ins Loch auf dem Green zu befördern. „Sub-Par“ heißt demnach, dass man mehr Schläge benötigt, als erwartet. „Sub-Par-Businesses“ sind also aus Sicht Buffets Investitionen, die sich für ihn finanziell nicht so entwickeln, wie erwartet:

You should be fully aware of one attitude Charlie and I share that hurts our financial performance: Regardless of price, we have no interest at all in selling any good businesses that Berkshire owns. We are also very reluctant to sell sub-par businesses as long as we expect them to generate at least some cash and as long as we feel good about their managers and labor relations. We hope not to repeat the capital-allocation mistakes that led us into such sub-par businesses. And we react with great caution to suggestions that our poor businesses can be restored to satisfactory profitability by major capital expenditures.

Warren buffett, „Owners Manual„, Punkt 11

Ich bin mir bewusst, dass sich die Südzucker AG in einer schwierigen Situation befindet, momentan im Segment Zucker keine Erträge erwirtschaftet und nicht absehbar ist, ab wann dort wieder solide Gewinne erwirtschaftet werden können. Meiner Meinung nach sind die anderen Segmente allerdings intakt und wenn sich das Zuckersegment erst einmal gesundgeschrumpft hat wird Mr. Market das auch honorieren. Ich werde in Ruhe abwarten und die weitere Geschäftsentwicklung meiner Südzucker stets im Auge behalten. Zum Beispiel mit den Folien 14, 18 und 19 der aktuellen Unternehmenspräsentation vom Februar 2019.

Update folgt…


(1) Es gibt europäische und amerikanische Wettscheine. Bei europäischen Wettscheinen wird NUR zum Zeitpunkt X geprüft, ob der Aktienkurs unter Y Euro liegt. Bei amerikanischen Wettscheinen kann der Wettscheininhaber JEDERZEIT diese Prüfung veranlassen, was aus meiner Sicht flexibler und attraktiver ist.

Aufsichtsrat stimmt dem Restrukturierungsplan zu: http://www.suedzucker.de/de/Presse/Aktuelle_Meldungen/Archiv_2019/2019/IR-25_02_2019/2019-02-25_Suedzucker-Aufsichtsrat_stimmt_dem_Restrukturierungsplan_zu_1.pdf

Warren Buffett „Owners Manual“: http://www.berkshirehathaway.com/ownman.pdf

Unternehmenspräsentation Südzucker: http://www.suedzucker.de/de/Downloads/Download_Daten/IR_Praesentationen/2019/25_02_2019/2019-02-27-SZ-AG-Update-de.pdf

4 Kommentare

  1. CP

    Ich vermute mal du bist noch sehr jung, dass du dir solch einen Optionsschein gekauft hast. Ich würde ihn dir eher verkaufen. Wenn der Kurs bei 8€ steht, hast du einen großen Wertverlust der Aktien und die Optionsprämie ist ebenfalls verloren. Breakeven ist erst bei 8€ – Prämie, und bis dahin hast du noch keinerlei Absicherung für deine Aktien. Ab dieser Grenze ist die Frage, wie viele Optionen du im Verhältnis zu Aktien hast. Wenn dir die Position zu groß ist, bau sie ab, und das auch im Minus. Aus makroökonomischer Sicht wird es wahrscheinlich noch rappeln, die letzten 2,5 Monate dürften nicht nachhaltig sein. Die Blackout Period im S&P500 wird im April voll zuschlagen, da vermute/erwarte ich (rein subjektiv) ein starkes Fallen der Kurse. Die Kurse einer Aktie werden zu ca. 70-80% vom Gesamtmarkt bestimmt.
    Ich habe mir vor in den letzten Jahren auch Südzucker und Argana angeschaut (analysiert) und mich jeweils gegen ein Engagement wegen den grundsätzlichen Schwächen des Zuckermarktes entscheiden.
    Guck dir an, wie lange die Energieerzeuger leiden mussten und als vergleich vlt noch die Solaranlagenbauer. In den letzten Jahren die Automobilbauer. Dann ziehe vergleiche zur Zuckerbranche. Vlt bewahrt dich dies, in die nächste Branche während des Siechtums einzusteigen. TA ist natürlich schön, aber rückwirkend hast du scheinbar schon gemerkt, dass man beim Buchwert etwas mehr beachten muss. Zur Anmerkung, DB und Commerzbank haben ein KBV von 0,25. Und da investiert trotzdem (metaphorisch) niemand. Und das zu Recht.
    Um dich ein bisschen zu bilden, kann ich dir finanzmarktwelt.de empfehlen

    • Vincent Bouvier

      Lieber Herr CP,

      vielen Dank zunächst für Ihre günstige Altersschätzung, über die ich mich unter anderen Umständen sicherlich mehr gefreut hätte. 🙂

      Zur Zuckerbranche:

      Das Segment Zucker macht heute ca. 50% des Umsatzes der SZAG aus. Ein Anteil, der sicherlich aufgrund der Konsolidierung des EU-Zuckermarktes bzw. des Weltzuckermarkts, dessen Aussichten m. E. zyklischer Natur sind (Mal Überproduktion mit niedrigen Preisen, mal Unterproduktion mit hohen Preisen), weiter schrumpfen wird. Welches Geschäft generiert dann aber mehr als die Hälfte des Umsatzes der Südzucker? Lebensmittelzusatzstoffe, Tiefkühlprodukte, Bio-Ethanol und Fruchzubereitungen, Produkte mit einer weltweiten Reichweite. Nun kann man über diese Produkte denken, was man möchte, aber Zucker allein ist nicht das, wofür SZAG stehen wird. Die Lebensmittelbranche mit dem Automobil- oder Bankensektor zu vergleichen, ist irrelevant. Darüber hinaus ist das, was makroökonomisch passiert, branchenübergreifend wirksam und gilt daher nicht speziell für die Zuckerbranche.

      Zum Optionsschein:

      Als Value-Investor interessiere ich mich grundsätzlich nur für das Unternehmen und nicht für den Optionsschein. Meinen Wetteinsatz über den Optionsschein sehe ich wie einen Einsatz im Casino, den ich bereits abgeschrieben habe bzw. den ich in meine Rentabilitätsbetrachtung dieses Investments als Aufwand am Ende mit einbeziehe. Sollte der Kurs irgendwann bei 8 Euro stehen, hat sich der Preis des Optionsscheins durch den Hebel vorab schon mindestens verdoppelt (100%) oder verdreifacht (200%), schätze ich. Sollte das so sein, verkaufe ich den Optionsschein und fahre diesen Kursgewinn vor Fälligkeit des Scheins (!) ein. Ohnen Kursgewinn verfällt er eben einfach. Hingegen mache ich mit den Aktien erst einen Verlust, wenn ich sie für 8 Euro verkaufe, was ich nicht tun werde. Spekulieren wir einfach mal, dass das Zucker-Segement mit all seinen Assets abgespalten oder eingestampft wird, weil es nicht mehr zukunftsträchtig ist. Mit Sicherheit fallen dann Wertberichtigungen und Verluste an (Worst Case). Sind nicht gerade dann die restlichen SZAG-Segmente für eine rosige Zukunft voller Gewinne gewappnet?

      Nun ja… Ich möchte nicht ins Storytelling verfallen und wenn andere das tun, möchte ich darauf nicht eingehen (Stichwort: ihre Black-Out-Period für den S&P 500 etc.). Es kommt eh alles anders als man Baum! 😀

      Wir werden sehen, was passiert. Bis dahin können wir alle nur spekulieren oder eben ruhig abwarten.

      V. Bouvier

      • A. Gehrig

        Bist Du nach dem heutigen Tag – mit dem Wertberichtigungsbedarf von
        850 Millionen Euro (700 M. goodwill und 150 M. Restrukturierung), der den Buchwert Richtung 12 Euro treibt – immer noch der Meinung, Agrana ist nur als
        Beimischung zu Südzucker geeignet (vgl. Agrana Story-Kommentar)?
        Meiner Meinung nach hat sich ganz deutlich gezeigt, daß Agrana die eindeutig bessere Aktie mit den besseren Zukunftsaussichten und einer soliden Finanzierung ist

        • Vincent Bouvier

          Hallo Armin,

          schön, dass du fragst.

          Der Wertberichtigungsbedarf im Segment Zucker bezieht sich ja auf das gesamte Zucker-Geschäft des Südzucker-Konzerns und daher auch auf die in Südosteuropa liegenden Werke der Agrana. Demnach fühle ich mich bei der „Mutter“ immernoch wohler, weil sie eben breiter aufgestellt ist und trotzdem von den Feinheiten des Agrana-Geschäftes (z. B. neue Fruchtfabrik in China) profitiert.

          Ich hab meine Argumente für Südzucker mal wieder zusammengefasst: siehe hier

          Grüße

          Vincent

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