Leider muss ich gestehen, dass mir beim monatlichen Update meines Musterdepots für Oktober ein unangenehmer Fauxpas unterlaufen ist. Zur Schloss Wachenheim AG vermeldete ich lapidar:

Abgesehen von dieser Kauf-Empfehlung eines Analysten gab es auch für die Schloss Wachenheim AG nichts Wichtiges zu vermelden.

Mein „selbst geschossener Bock“

Normalerweise habe ich die Finanztermine aller „meiner“ Unternehmen in meinem persönlichen Kalender eingetragen und befinde mich darüber hinaus noch in deren Investor-Relations-Mailverteiler. Für den 2018/19er Geschäftsbericht der Schloss Wachenheim AG, der am 19. September erschien, hat mir das alles offensichtlich nichts geholfen und ich habe diese Veröffentlichung einfach übersehen. Im heutigen Beitrag möchte ich mich daher ausführlich diesem Geschäftsbericht widmen und den von mir aktuell gültigen inneren Wert der SWA-Aktie prüfen.

Allgemeines

Zum 1. Juli 2019 startete die Schloss Wachenheim AG auch in Deutschland ihren eigenen Vertriebsaußendienst, so, wie sie es in Frankreich bereits umgesetzt hat. Ohne einen solchen Außendienst war man gezwungen, einen externen Dienstleister für den Vertrieb zu engagieren. Des Weiteren war SWA im abgelaufenen Geschäftsjahr auch wieder fleißig mit Akquisitionen beschäftigt: In Deutschland übernahm man die Pieroth Retail GmbH, was dazu führte, das man „zur Nummer 2 der stationären Wein-Retailer avancierte„. In Rumänien wurde die Marke „Sange de Taur“ und in Tschechien ein Online-Weinhändler erworben.

Zur Ausrichtung im aktuellen Geschäftsjahr schreibt der Vorstand:

Für das laufende Geschäftsjahr 2019/20 liegt unser Fokus erneut auf der Festigung und dem weiteren Ausbau unserer Positionen auf den Heimatmärkten unserer Konzernunternehmen. Basis hierfür bilden unsere konzernweit starken und gut eingeführten Marken sowie neue und innovative Produkte. Zu unseren wichtigsten Neueinführungen in 2019 zählen die hochwertige Light Live Premium-Linie im deutschen Teilkonzern, aber auch Mucha-Weine in Tschechien sowie eine vielfältige Range von polnischen Frucht- und Traubenweinen unter der Dachmarke Winiarnia Zamojska in Ostmitteleuropa.

Geschäftsbericht 18/19 Schloss Wachenheim, Seite 4

Ich muss sagen, dass dieser „Fokus“, abgesehen von den neu eingeführten Marken, fast schon SWA-Standard ist. Aber dieser Standard scheint ja bisher sehr erfolgreich zu funktionieren.

Umsatz & Gewinn

Im vorliegenden Geschäftsbericht vermeldete die Schloss Wachenheim AG einen Umsatz von 337,2 Mio. Euro (+3,9%). Das EBIT und der Konzernjahresüberschuss hingegen sind gegenüber dem Vorjahr leicht gesungen, woraus sich letztendlich eine EBIT-Marge von 6,8% beziehungsweise eine Überschussmarge von 4,7% ergibt. Wie bereits im Halbjahresfinanzbericht angedeutet drückten die 2017er Weinpreise auf die Margen, was natürlich zur Folge hatte, dass die Ertragssteigerung nicht mit der Umsatzsteigerung mithalten konnte (siehe dazu mein SWA-Q3-Update).

Das Ergebnis je Aktie liegt mit 1,38 Euro nahezu auf dem Niveau des Vorjahres (1,40 Euro) und somit ist es nicht verwunderlich, dass der Konzern die Dividende konstant lassen möchte (0,50 Euro). Beim aktuell gebeutelten Aktienkurs von 16,65 Euro beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) 12, die Dividendenrendite 3%. Restrospektiv und im Mittel der letzten 8 Jahre belaufen sich diese Kennzahlen auf 12,4 und 2,6%. Darauf, die in den letzten Jahren stetig steigende Dividende erneut zu erhöhen, hat der Konzern verzichtet. Nach Abzug aller Investitionen und Dividendenzahlung für 2018/2019 verbleibt ein FreeCashInflow von 1,9 Mio. Euro und der liegt knapp über den 1,8 Mio. Euro des letzten Jahres. Den Dividendenvorschlag konstant zu halten, ist aus meiner Sicht vernünftig.

Bilanz

Das Gesamtvermögen der Schloss Wachenheim AG (346 Mio. Euro) besteht weiterhin zum größten Teil aus Vorräten (104,4 Mio. Euro), immateriellen Vermögenswerten (88,9 Mio. Euro), Sachanlagen (75,7 Mio. Euro) und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (52 Mio. Euro). Die Eigenkapitalquote hat sich von 56,7% auf 58,3% erhöht, während die Finanzverbindlichkeiten um 0,7 Mio. Euro abnahmen. Das F-Score, welches sich im letzten Jahr bei voller Punktzahl befand, verringerte sich von 9 auf 6. Durch den Margenrückgang im letzten Geschäftsjahr ist das allerdings wenig verwunderlich (Tabelle im Anhang).

Der Buchwert je Aktie beträgt zum letzten Stichtag 20,95 Euro. Der Vorjahreswert betrug 20,08 Euro. Nach erhöhtem Margendruck, einem Gewinn „unter“ Vorjahr gelang es der Schloss Wachenheim AG dennoch, den Unternehmenswert nach (Abzügen der Minderheitenanteile) für die Aktionäre zu steigern.

Resümee

In meinem letzten Update betrug der aktuelle Aktienkurs der SWA-Aktie rund 17,30 Euro und den inneren Wert taxierte ich bei „über 20 Euro“. Nun ist ein weiteres Geschäftsjahr vollständig, der Gewinn je Aktie lag nur 2 Cent unter Vorjahr und der Aktienkurs liegt momentan bei 16,65 Euro. Nicht nur meine SWA-History-Analyse für die Zeit dieses Unternehmens während der Finanzkrise 2008/2009, sondern auch die aktuellen Geschäftszahlen bestätigen mich darin, dass Mr. Market sich hier einem für mich lukrativen Bewertungsfehler hinzugeben scheint.

Ausgehend vom Buchwert von etwa 21 Euro will ich mir heute neu meine Sicherheitsmarge in meinen inneren Wert der Aktie einbauen. Der Buchwert kann sich durch Verluste und „außerplanmäßige Abschreibungen“ eben gern auch verringern, weshalb ich hier 20% „Sicherheit“ einbaue. Das führt mich dann also zum „abgesicherten Buchwert“ von 16,90 Euro. Beim Gewinn je Aktie, der für die letzen 8 Jahre bei 1,34 Euro liegt, verlange ich ebenfalls eine 20%ige Sichterheitsmarge, weil man eben nie weiß, wie gut es läuft, wie gut man selber die Zukunft einschätzt. Ich erhalte also einen „abgesicherten Gewinn“ von 1,07 Euro, den ich für die nächsten 5 Jahre annehme. Somit ergibt sich für die Schloss Wachenheim AG ein innerer Aktienwert von 22,25 Euro. Wie bereits erwähnt, der heutige Aktienkurs beträgt 16,65 Euro, als knapp 75% meines errechneten Wertes.


F-Score-Tabelle

Schloss Wachenheim aktuelle F-Score Tabelle; Ergebnis 6
F-Score-Tabelle Schloss Wachenheim 2017/18 zu 2018/19