Value & Price

Schloss Wachenheim AG

Auf Basis des Geschäftsberichtes 2017/2018 der Schloss Wachenheim AG (SWA) analysiere ich hier den inneren Wert der Aktie und setze ihn ins Verhältnis zum Aktienkurs von 17 Euro im Januar 2019.

Konzernstruktur

Die Schloss Wachenheim AG besteht aus drei Teilbereichen, die regional voneinander getrennt operieren; Die Schloss Wachenheim AG als Mutterkonzern ist für das Deutschland-Geschäft zuständig, die 100%-ige Tochter CEVIM SAS für Frankreich und die Ambra S. A., an der die SWA nur 61,19% hält, für das Osteuropageschäft.

Gewinn & Verlust sowie Dividende pro Aktie

Der im zugrunde liegenden Geschäftsbericht ausgewiesene Gewinn beträgt 16,4 Mio. Euro bei einem Umsatz von 324,5 Mio. Euro. Gemäß Benjamin Grahams Ansatz, den durchschnittlichen Umsatz der letzten 7-10 Jahre für eine grobe „Ahnung“ eventueller, zukünftiger Gewinne zu erhalten, lege ich die die Daten der Jahre 2012 bis 2018 zugrunde.

Der Gesamtumsatz des Konzerns belief sich in dieser Zeit immer auf rund 300 Millionen Euro.

Durchschnittlicher Gewinn/Aktie: 1,33 €

Durchschnittliche Dividende: 0,43 €

Durchschnittlicher Umsatz/Aktie: 38,19 €

Durchschnittliche Umsatzrendite: 3,9%

Durchschnittliche Dividende zum heutigen Kurs: 2,5% Rendite

Auf Basis dieser Durchschnittswerte ergibt sich ein durchschnittliches, vergangenheitsbezogenes Kurs-Gewinn-Verhältnis, frei nach Benjamin Graham in seinem Buch „Security Analysis“, von 12,78.

Der Vorstand der Schloss Wachenheim AG schlägt im betrachteten Geschäftsbericht vor, die Dividende im 9. Jahr in Folge zu erhöhen. Auf Basis der vorgeschlagenen Dividende in Höhe von 0,50 Euro ergibt sich bei 17 Euro/Aktie eine Dividendenrendite von 2,9%.

Erklärte Dividendenpolitik ist es, ca. die Hälfte des Jahresüberschusses der Schloss Wachenheim AG an die Aktionäre auszuschütten.

Bilanz

Das Eigenkapital von SWA beträgt 191,6 Mio. Euro. Auf 7,92 Mio. Aktien gerechnet beträgt das Eigenkaptal pro Aktie also: 24,19 Euro/Aktie.
Von diesem 191,2 Mio. Euro gilt es, die Anteile der nicht beherrschenden Gesellschafter abzuziehen. Im Falle der SWA sind entfallen diese Anteile auf die Miteigentümer des osteuropäischen Teilkonzerns, die Ambra S.A.

Das Eigenkapital abzüglich der nicht-Beherschenden setzt sich im Wesentlichen aus Kaptial- und Gewinnrücklangen zusammen und beträgt somit: 191,6 Mio. minus 32,996 Mio. = 158,6 Mio Euro. Das entspricht einem Eigenkapital von 20,02 Euro pro Aktie.

Das Fremdkapital der SWA setzt sich im Wesentlichen aus Bankkrediten mit mittlerer (1-5 Jahre) und kurzer (0-1 Jahr) Laufzeit zusammen. Die Eigenkaptialquote beträgt 56,7%.

Zum Anlagevermögen ist zu sagen, dass es sich aus circa 70 Millionen Euro Sachanlagen und 89,1 Millionen Euro immatrieller Vermögenswerte zusammensetzt. Dies beinhaltet insbesondere die Markenwerte für Sekt- und Schaumweinprodukte. Benjamin Graham war ein Verfechter der „tangible“ Assets, sprich der „anfassbaren“ Vermögenswerte, während Warren Buffett hingegen auf außerbilanzellen „Goodwill“, also ein unnachahmliches Markenimage (den „Burggraben“, den keiner so schnell überwinden kann), das alles andere überdauert, schwört (Sein Beispiel ist immer die Marke „Coca-Cola“). Beide begründen ihre Ansicht kurioserweise mit dem Inflationsschutz.

Eine weitere Bilanzkennzahl, die Graham gern anwandte, sind die Net Current Assets, also die Differenz aus kurzfristigen Vermögenswerte und kurzfristigen Verbindlichkeiten. Hieraus leitet er die Möglichkeit zum Aufrechterhalt des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes ab. Die Net Current Assets betragen bei SWA: 172,5 Mio. – 104,6 Mio. = 67,9 Mio. Euro.

Cash Flow

Der CashFlow aus operativer Tätigkeit beträgt 20,8 Mio. Euro. Das entspricht einem Aktienkurs von 17 Euro und einem Cashflow/Aktie von 2,63 Euro einem Kurs-Cashflow-Verhältnis von 6,46.

Der Cash-Flow nach Abzug aller Investitions- und Finanzierungstätigkeit beträgt 2,06 Mio. Euro (Free Cash Flow).

Das Zinszahlungs- und Tilgungsprofil für Bankkredite zeigt für das Jahr 2018/19 einen Gesamt-CashOutflow von 19,6 Mio. Euro. Für 2019/2020 und 2020/21 sind es jeweils rund 8,4 Mio. Euro.

Aktionärsstruktur / Management

Fast 70% der Aktien von SWA gehören Günter Reh bzw. der Günter Reh AG, die das Familienvermögen der Familie Reh verwaltet. Der Rest der Aktien befindet sich im Freefloat; Vorsitzender der Günter Reh AG ist Nick Reh, der wiederum selbst jahrelanger CEO von Schloss Wachenheim AG war. Die gesamte Familie ist lt. einem Handelsblatt-Artikel in der Günter Reh AG und im Wein- und Sekt-Gewerbe tätig.

Nick Reh ist heute Aufsichtsratsvorsitzender der Schloss Wachenheim AG und wacht somit weiterhin über die Geschicke von Schloss Wachenheim sowie über das Familienvermögen, das in dieser Aktiengesellschaft steckt.

Im Jahre 2017 tätigte die SWA die 70%-ige Akquisiton (inkl. eine Kaufoption auf die restlichen 30%) von Rindchen’s Weinkontor, einem in Deutschland führenden Weinhändler mit 800 Sorten in 250 Ländern der Erde. Darüber hinaus erwarb SWA 100% der Anteile der Hamburgischen Weinhandelskompanie GmbH (HWK). Beide Akquisitionen wurden aus Bar-Zahlungsmitteln getätigt. Der Erwerb der HWK erfolgte zum Zeitwert des Nettovermögens (ohne bilanziellen Goodwill).

Produkte / Marke / Geschäftsfelder

In Frankreich hat die Marke „Charles Volner“ im Berichtszeitraum ihren Marktführerschaft durch ein erneutes Absatzrekordjahr in ihrem Segment weiter ausgebaut.

Ein technischer Defekt an einer Produktionsanlage führte dazu, dass die Marke „Robby Bubble“, Marktführer im Segment alkoholfreier Partygetränke für Kinder im Weihnachtsgeschäft nicht in den nachgefragten Mengen geliefert werden konnte.

Die Geschäftsentwicklung des osteuropäischen Teilkonzerns war einmal mehr allen ebenen „hervorragend“. Absatz und Umsatz konnten gesteigert werden.

Im zugrunde liegenden Geschäftsbericht wird erklärt, dass es durch eine schlechte Weinernte in 2017 notwendig war, Preiserhöhungen an die Kunden weiterzugeben, was offensichtlich gut gelungen ist.

Fazit

Das Eigentkapital pro Aktie beträgt rund 20 Euro. Bei konservativer Schätzung der zukünftigen Gewinne pro Aktie (der Durchschnitt der letzten 7 Jahre beträgt ja 1,33 Euro/Aktie) von 1 Euro in den nächsten drei Jahren, kann ich von einem inneren Wert der Aktie von 23 Euro ausgehen. (Stichwort: Benjamin Grahams „Sicherheitsmarge“)

Nun zu den Rahmenbedingungen: Gefühlt ist die SWA ein gemütliches kleines Familienunternehmen mit starken Marken und Produkten. Es macht regelmäßig seinen Umsatz, kann Preiserhöhungen an seine Kunden weitergeben und erwirtschaftet dadurch stetige Gewinne. Klar, die Gewinne wachsen nicht so stark, aber sie scheinen sicher und konstant. Das Management wird von den Eigentümern überwacht und trifft sinnvolle Akquisitionsentscheidungen.

Auf dieser Basis und wenn ich von einem durchschnittlichen Zukunftsszenario ausgehe bekomme ich 1 Euro eines guten Unternehmens mit stabilen Aussichten für rund 74 Cent (23 Euro dividiert durch 17 Euro Aktienkurs entspricht 74 Prozent).


Konzern-Geschäftsbericht 2017/2018 Schloss Wachenheim AG: https://www.schloss-wachenheim.com/upload/dokumente/10429.pdf

4 Kommentare

  1. Malte

    Hallo Bouvier,

    bzgl. deiner Berechnung zum inneren Wert ist mir nicht klar, warum du zu den 20€ (Eigenkapital je Aktie) die 3€ addierst bzw. warum nicht 4€, 5€ oder 6€….
    Du schätzt den zukünftigen Gewinn aufgrund der Vergangenheitswerte auf 1,33€ ziehst hiervon eine Sicherheitsmarge von ca. 30% ab und kommst auf den einen Euro – verstanden.
    Aber warum nimmst du diesen jetzt mal drei ? Woher kommt diese Zahl?

    Grübelnde Grüße
    Malte

    • Vincent Bouvier

      Hallo Malte,

      du hast Recht! Es ist nicht nachvollziehbar, warum dort auf einmal 3 Euro zum Buchwert hinzuaddiert werden. Und das auch noch in meinem allerersten Artikel auf diesem Blog!!

      Ich möchte die Begründung nun gerne nachliefern:

      Beim zukünftigen Gewinn je Aktie gehe ich von einem mit Sicherheitsmarge versehenen Betrag aus, der auf dem Durchschnittsgewinn der Vergangenheit liegt (30% von 1,33 Euro ergibt 1 Euro, wie du richtig erkannt hast). Da ich diesen Gewinn aber nicht nur auf das nächste Jahr fortschreibe, sondern bei Schloss Wachenheim von einem erfolgreichen Fortbestehen unter den gegebenen Bedingungen für die nächsten 3 Jahre ausgehen möchte, erhalte ich einen Gewinnzufluss in die Aktie über diesen Zeitraum von 3 Euro, den ich auf den Buchwert aufschlage.

      Natürlich kann ich diese Betrachtung auch auf 4, 5 oder 6 Jahre anstellen, allerdings ist mir das zu riskant. Ich habe also subjektiv entschieden, nur auf einen Zukunftshorizont von 3 Jahren zu blicken. Bei anderen Unternehmen, wie z. B. BASF, gehe ich auch gern mal von 7 Zukunftsjahren aus. Aber noch mehr ist mir dann eigentlich auch bei riesigen Unternehmen mit über 100 Jahren Geschichte immer zu unüberschaubar/riskant.

      Ist das nun nachvollziehbar für dich?

      Viele Grüße

      V. Bouvier

      • Malte

        Hallo Bouvier (ich bevorzuge diese Anrede, weil auch der Blog so heißt…),

        vielen Dank für die Antwort!! Ich verstehe jetzt woher die 3 kommt.

        Ehrlich gesagt stellt sich mir jetzt die nächste Frage: woher hast du diese Formel/diesen Ansatz? Ist der von Benjamin Graham?

        Viele Grüße
        Malte

        • Vincent Bouvier

          Hallo Malte,

          ja, die Frage, woher ich eigentlich meine Art zur Berechnung des inneren Wertes einer Aktie habe, ist eine gute.

          Einiges ist von Benjamin Graham. Zum Beispiel meine pessimistische Sicherheitsmarge, meine Vorsicht bei kleineren Unternehmen und der retrospektive Blick auf die letzten 7-10 Jahre, um eine Ahnung für zukünftige Gewinne zu erlangen. Auch die „Business-Prinzipen“ Grahams, die ich in meinem Beitrag über ihn erwähne, berücksichtige ich in der Regel, soweit es eben möglich ist.

          Allerdings hat Graham in seinem Buch „The Intelligent Investor“ noch eine Menge mehr Möglichkeiten erwähnt, den inneren Wert einer Aktie zu berechnen, die ich allerdings teilweise zu kompliziert und teilweise auch zu antiquiert fand. Darüber hinaus ist das Value-Investing auch laut Graham immer ein subjektives Geschäft, für das es eben keine allgemeingültigen Regeln geben kann. Ich lehne mich als nur an Graham an, denke ich.

          Bei einem anderen Teil meiner „Methode“ denke ich von Warren Buffett beeinflusst zu sein, wenn ich sage, dass der Wert einer Aktie sich aus dem was ist (Buchwert) plus dem, was an Kapitalzuflüssen über die noch verbleibende Lebensdauer des Unternehmens zu erwarten ist, ergibt. Weil ich aber eben Sicherheitsfetischist bin, gehe ich bei „verbleibender Lebensdauer“ immer nur von 3-7 Jahren aus. Weiter lässt mich meine Vorsicht nicht blicken.

          Und zu guter Letzt versuche ich stets auf James Montier zu hören: „Ein Mehr an Informationen resultiert eben nicht zwangsläufig in einer besseren Entscheidung, sondern kann sich sogar negativ auf die Entscheidungsqualität auswirken.“ Oder kurz: Keep it simple!

          Tja… So habe ich eben über die Jahre meine eigene „Philosophie“ entwickelt und handle intuitiv nach ihr. In den meisten Fällen sogar erfolgreich, muss ich nach nun fast 18 Jahren an der Börse sagen… Aber, und das gehört dazu, fehlerfrei bin ich natürlich nicht.. siehe hier oder hier. Auch ich lerne nie aus, will das auch gar nicht, und bin immer für sachliche Diskussionen und Verbesserungsvorschläge offen.

          Ich hoffe, ich konnte deine Frage beantworten! 🙂

          Viele Grüße

          V. Bouvier

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