Bevor ich das nächste Musterdepot-Update verfasse, muss ich mich durch eine für mich und meine Leser logisch dokumentierte Antwort auf die Frage, wie gut meine Anlageentscheidungen in meinem Musterdepot in den vergangenen 12 Monaten waren, erst einmal selbst befriedigen (Kann man das so sagen?). Im Duett von realisierten Gewinnen und unrealisierten Buchwertverlusten bin ich mir aktuell nämlich gar nicht so sicher, ob ich von April 2019 bis März 2020 ein guter oder doch eher ein schlechter Investor gewesen bin. Kurz: Wie war meine Performance auf Jahressicht?

In meinem ersten Beitrag zum Vermögensaufbau vertrat ich die Theorie, dass rote Vorzeichen eigentlich „normal“ sind, wenn man ständig „frisches Geld“ ins Depot packt und gleichzeitig alle anfallenden Kursgewinne/Dividenden sowie das frische Geld (re-)investiert. In diesem Zusammenhang stand dann für mich die Frage nach der Güte meiner eigenen Investitionsentscheidungen bei ständig roten Depotwerten sowie wachsendem Depotvolumen, welche ich in einem Nachtrag zum ersten Artikel dazu zu beantworten suchte.

Heute also packe ich „my-money-where-my-mouth-is“ und will mein Musterdepot und meine Anlageperformance der letzten 12 Monate in dieser Hinsicht untersuchen.

Zahlenmaterial

Es freut mich heute sehr, dass ich alles so akribisch hier im Blog dokumentiert habe. Ich, und mit mir zusammen jeder Leser, kann nun nachvollziehen, wie die einzelnen Zahlen zustande kommen. Der Leser möge mich auch gern berichtigen, wenn ich im Zahlendickicht etwas übersehen haben sollte.

Die erste Zahl, die ich benötige, ist der realisierte Gewinn. Dazu habe ich alle eröffneten und geschlossenen Aktienpositionen des abgelaufenen Jahres aufgelistet; des Weiteren ihren Kauf- und Verkaufskurs sowie den daraus entstandenen Gewinn/Verlust (siehe Tabelle „Realisierter Gewinn Musterdepot“ am Ende dieses Artikels). Mein realisierter/steuerrelevanter Gewinn (EBT) beträgt 1.684,10 Euro.

Gestartet bin ich im April 2019 mit 10.000 Euro Anfangskapital und im Laufe des Jahres habe ich dann (11×500 Euro) 5.500 Euro durch Sparraten ins Musterdepot eingezahlt. Insgesamt macht das 15.500 Euro „frisches“ Geld. Ende März 2020 hatte ich einen Gesamteinstandswert über alle Aktienpositionen (inkl. aller Transaktionskosten und reinvestierten Gewinne) von 16.531.18 Euro. Der Buchwert meiner Aktienpositionen lag hingegen mit 12.765,20 Euro signifikant darunter (ROT). Wenn ich den Cash-Bestand dazuzähle, dann hatte mein Depot zum Stichtag 30.03. einen Gesamtwert von 13.504,73 Euro (ebenfalls ROT).

Realisierte Performance

Wenn ich nun, wie ich es im letzten Artikel in Bezug auf mein echtes, privates Depot getan habe, versuche die Güte meiner Anlageentscheidungen derart zu quantifizieren, dass ich einen Mittelwert aus dem Anfangsquotienten (realisierter Gewinn/Anfangsdepotvolumen) und dem Endquotienten (realisierter Gewinn/Enddepotvolumen) bilde, dann erhalte ich einen realisierte Performance von 14,7% für mein Musterdepot (Berechnung dazu siehe „Realisierte Performance„-Tabelle am Ende dieses Artikels).

Wenn ich mir denn DAX im Vergleich dazu ansehe, dann stand er am 02. April 2019 bei 11.754,19 und am 30.03.2020 bei 9.815,97 Punkten. Das entspricht einem Minus von 16,5% (Quelle). Obwohl der DAX die gezahlten Dividenden enthält muss ich zugeben, dass mich die Diskrepanz zwischen meiner realisierten Performance und dem DAX dazu verleitet, an der Validität meines Vergleiches zu zweifeln. Schließlich kann der DAX ja keine Kursgewinne mitnehmen und so viel geiler besser als der DAX kann ich eigentlich nicht sein.

Daher musste ich also meine Betrachtungen auf meine unrealisierten Buchwertverluste („die roten Vorzeichen“ in der Depotwertanzeige) ausweiten.

Unrealisierte Performance

Die Aktien meines Musterdepots hatten am 30.03.20 einen Marktwert von 12.765,20 Euro. Wenn ich das ins Verhältnis zum Einstandswert (16.531.18 Euro) setze, dann erhalte ich eine unrealisierte Negativperformance von -22,8%. Absolut betrachtet ist das ein unrealisierter Verlust von 3.765,98 Euro. Diese Verhältniszahl (Einstandswert zu Marktwert) nenne ich ab jetzt SIGMA (relativ oder absolut), weil ich sie weiter unten nochmal verwenden möchte.

Ich könnte darüber hinaus auch noch den Gesamtdepotwert vom 30.03.20 (also 13.504,73 Euro) ins Verhältnis zu der Summe der Einzahlungen frischen Geldes (also 15.500 Euro) des Jahres 2019/2020 setzen. Hier erhalte ich eine Negativperformance von -12,9%. Absolut betrachtet ist das ein unrealisierter Verlust von 1.995,27 Euro.

Wenn wir schon einmal dabei sind: Das Verhältnis zwischen Einstandswert und Gesamtdepotwert zeigt eine Negativperformance von -18,3% (absolut 3.026,45).

Jetzt stehe ich also vor der Situation, dass ich ein ganz passables realisertes Ergebnis, aber ein miserables unrealisiertes Ergebnis erzielt zu haben scheine. Eine erste Erkenntnis, die sich für mich daraus ergibt, ist, warum diese Unterscheidung bei börsennotierten Beteiligungsgesellschaften, wie ich ja in ganze kleinem Stil und ohne öffentlich handelbare Anteilsscheine ja eine bin, so relevant ist (z. B. GBK Beteiligungs- AG).

Quo vadis Performance Musterdepot?

Bin ich in 2019/2020 nun ein guter Investor gewesen? Das Finanzamt, welches sich ausschließlich für meine realisierten Gewinne interessiert, würde mir dies sicherlich bescheinigen. Aber ist das ausreichend für meinen Anspruch an einen Performance-Review? Nope!

Wenn ich mich „konzeptionell“ nun schon mit Beteiligungsgesellschaften vergleiche, dann muss ich wohl die Buchwertverluste in meiner „GuV“ mit den realisierten Gewinnen verrechnen. Weil es aber auf Basis des Zahlenmaterials so viele mögliche Varianten gibt, diese „Zusammenbuchung“ von realisierten und unrealisierten Gewinnen/Verlusten vorzunehmen, werde ich mich jetzt und hier für die mir plausibelste Variante entscheiden.

Die Aktienkursentwicklung meiner Aktien ist aus meiner Sicht am besten in der oben genannten SIGMA-Zahl ausgedrückt, weil dort das eingesetzte Kapital inkl. aller Kosten und reinvestierten Gewinne am scheinbar logischsten aggregiert ist. Wenn ich vom absoluten SIGMA-Verlust (3.765,98 Euro) den realisierten Gewinn (1.684,10 Euro) abziehe, erhalte ich ein negatives Ergebnis von 2.081,88 Euro. Dieses Ergebnis setze ich ins Verhältnis zum Gesamtdepotwert am Stichtag (13.504,73 Euro) und voilá: -15,4%.

So und jetzt kommt der Knaller! Weil dieses Ergebnis so nah an der oben erwähnten Performance des DAX für den betrachteten Zeitraum (-16,5%) liegt, halte ich sie für viel plausibler als alles andere, was ich so an Performancezahlen berechnet habe. Ja bin ich denn bescheuert?


Realisierter Gewinn Musterdepot

Abgeschlossene Musterdepot-Trades von April 2019 bis März 2020

T.-Nr. = Trade Nummer

1. K.-datum = 1. Kaufdatum der Aktienposition

L. Ein.-kurs = letzter Einstandskurs (nach Nachkäufen und vor Verkauf)

V.-Kurs = Verkaufskurs

Divi = erhaltene Dividende

1a: die EVN-Aktien habe ich in zwei Tranchen verkauft; 1a war der erste Verkauf und bei 1 habe ich dann alle restlichen Aktien veräußert


Realisierte Performance

Anfangsquotient (realisierter Gewinn/Anfangsdepotvolumen) = 1.684,10 / 10.000 = 16,8%

Endquotient (realisierter Gewinn/Enddepotvolumen) = 1.684,10 / 13.504,73 = 12,5%