Value & Price

EVN Update – Q1/2019

Gestern veröffentlichte die EVN AG ihren ersten Quartalsbericht für das Geschäftsjahr 2019. In den „Highlights“ auf Seite 3 des Berichtes steht unter anderem folgendes:

Entwicklung im Rahmen der Erwartungen leitet die – nach zwei durch Einmaleffekte geprägten Geschäftsjahren – prognostizierte Rückkehr des Konzernergebnisses 2018/19 auf historische Niveaus ein

Q1-Bericht 2019, EVN AG, Seite 3

Zum Einen bedeutet das, dass die Gewinne der letzten beiden Jahre nicht repräsentativ waren, zum Anderen wird hier von „historischen Niveaus“ gesprochen. Der Aktienkurs fiel nach Veröffentlichung des Berichtes um knapp 7% auf heute etwa 13 Euro, weil der Umsatz zwar gesteigert wurde, das EBIT aber um 41% einbrach. Ist das gerechtfertigt? Wie hoch ist der innere Wert der Aktie denn ab jetzt? Das möchte ich gern erörtern.

„Historische Niveaus“

Das Geschäft als Erzeuger von Strom und Wärme, als Aufbereiter von Wasser und Trinkwasser, als stetiger Investor in erneuerbare Energien ist ein ziemlich langweiliges und größtenteils reguliertes Geschäft (siehe dazu auch meinen letzten Artikel zur EVN). Reguliert bedeutet aus meiner Sicht, dass es klare Grenzen bei der Preisgestaltung gibt und daher auch wenig Raum für exorbitant wachsende Gewinne oder überhaupt überraschende Gewinnsprünge. Die Gewinne sind also, von geringen Schwankungen mal abgesehen, konstant, teilweise sogar durch Strompreisobergrenzen gedeckelt.

Wenn also die Gewinne der Geschäftsjahre 2017 und 2018 von „Einmaleffekten“ geprägt waren, dann muss ich diese Jahre bei der Errechnung des historischen Gewinnniveaus (ein Wort mit drei N) herausrechnen. Ich habe also einen Geschäftsbericht von 2012 gesucht und gefunden (Danke EVN!), in dem zum Vergleich sogar die Gewinne der Jahre 2008 bis 2011 ausgewiesen werden.

Auf dieser Basis und mit den Gewinnen aus 2013-2016 ergibt sich ein durchschnittlicher Gewinn je Aktie über einen Zeitraum von 9 Jahren (2008 – 2016) von 0,69 Euro, den ich als „historisches Niveau“ bezeichnen möchte.

Bilanz & Gewinn

Das Eigenkapital der Aktionäre der EVN hat sich verringert und beträgt nun etwa 20,68 Euro/Aktie. Zum letzten Stichtag im September 2018 betrug es 21,31 Euro/Aktie. Allerdings hat sich die Bilanzumme stärker verringert und somit ist die Eigenkapitalquote von 52,3% auf rund 53% angestiegen.

Meinen F-Score-Test für das „Aufspüren einer Value Trap“ habe ich so angepasst, dass er mir ein Ergebnis auf Basis des Gesamtjahres 2016 zum Gesamtjahr 2015 liefert (siehe Tabelle im Anhang). Das Ergebnis ist ein F-Score von 7. Hierbei ist immer zu berücksichtigen, dass ein Erzeuger auf Grund seines Geschäftsmodells eigentlich nur maximal 8 Punkte bekommen kann, weil sein „Current Ratio“ nicht so wie bei einem „normalen“ Industrieunternehmen ausgestaltet sein kann, denn er produziert eben nicht auf Vorrat.

Weil ich gerade dabei bin, errechne ich das F-Score auch einfach mal für Q1/19 zu Q1/18, obwohl ich sehr wohl weiß, dass die beiden Quartale durch die genannten Einmaleffekte nicht miteinander vergleichbar sind. Das F-Score zeigt hier eine 5 aus 8 (siehe Tabelle im Anhang). Eine Value Trap scheint das Unternehmen so oder so nicht zu sein.

Fazit

Bleibt also, den inneren Wert der Aktie ins Verhältnis zum aktuellen Kurs von 13 Euro zu setzen. Laut Bilanz lassen sich jeder Aktie gute 20 Euro Eigenkapital zuweisen. Weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass die EVN AG beim Betrieb der gesamten Netzinfrastruktur in Niederösterreich irgendwann einmal ernsthafte Konkurrenz bekommt, gehe ich für die nächsten 10 Jahre von einem historischen Gewinnniveaus von konservativen 0,50 Euro/Aktie aus.

Dieses Gewinnniveau würde sogar die „historische“ 2016er Dividende von 0,42 Euro/Aktie überdecken und halten, weshalb ich den inneren Wert der Aktie locker bei etwa 25 Euro taxiere. Ich bekäme die gesamte Energieversorgung Niederösterreichs also für knapp 50 Cent pro ausgewiesenem Euro. Schön, schön!


F-Score-Tabelle (2016 zu 2015)

F-Score-Berechnung EVN-Bilanz und -Gewinn 2016 zu 2015

F-Score-Tabelle (Q1/19 zu Q1/18)

F-Score-Berechnung EVN-Bilanz und -Gewinn Q1/19 zu Q1/18

Q1-Bericht 2019: https://www.evn.at/Downloads/EVN-Group/Investoren/Publikationen/2018-19/AB_Q1_2018-19_DE.aspx

Geschäftsbericht 2012 – Kapitel Kennzahlen: http://evn.unternehmensberichte.net/evn/annual/2012/gb/German/pdf/kennzahlen.pdf

Geschäftsbericht 2016 Webseite: http://evn.unternehmensberichte.net/reports/evn/annual/2016/gb/German/9540/download-center.html

2 Kommentare

  1. andi

    Was an dieser Analyse klar fehlt, die EnBW verkauft EVN! Die bauen ab. Der Freefloat abseits der EnBW und des Landes Niederösterreich war immer sehr gering, dementsprechend waren auch viele institutionelle Anleger hier nie investiert.

    Aus diesem Grund führt der Aktienverkauf der EnBW auch bei einer fundamentalen Unterbewerbung zu recht starkem Druck auf die Aktie.

    • Vincent Bouvier

      Hallo Andi,

      diesen Aspekt habe ich tatsächlich nicht erwähnt.

      Im EVN-Jahresbericht 2013/14 wird der Stimmrechtsanteil der EnBW „zwischen 30% und 35%“ angegeben. Ende 2015/16 sind es etwa 32%. Dieser Artikel hier zeichnet den Weg von 31,1%, über 30,1% bis zu 29,99% nach. Die aktuelle Unternehmenspräsentation berichtet einen Anteil von nur noch 29,7%. Sicherlich erzeugt das einen gewissen Druck auf den Aktienkurs, der manchen Anlegern nicht schmecken will. Mr. Market spielt wie immer sein Spiel!

      Glücklicherweise hat dieser sukzessive Abbau des Stimmrechtsanteils aber keinen Einfluss auf den inneren Wert der Aktie.

      Grüße

      Vincent

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