Sommer, Sonne und Corona! Everything normal, all fucked up!! Höchste Zeit also, das Sommerloch zu nutzen und mal wieder die neuesten Entwicklungen meines Muster- sowie Echtgeld-(RealTime)-Depots hier zu dokumentieren. In einem meiner letzten 50 Tweets hatte ich, als Erwiderung auf die hinter einer Paywall versprochene „fundemantale Schnellanalyse“ von cashkurs.com, aus der Hüfte heraus folgendes gezwitschert:

„Fundamentale Schnellanalyse“ á la V. Bouvier

Somit also jetzt ein kleiner Spoiler: Ob das wirklich so einfach ist, wie ich mir das in meinem jungendlichen Leichtsinn dachte, habe ich jüngst an meinem Echtgeld-Depot ausprobiert.

Musterdepot

Zunächst aber der Status meines Musterdepots. Den letzten Stand, den Sie, lieber Leser kennen dürften, ist aus dem Mai 2021. Seitdem ist nicht viel passiert; die beiden Sparraten in Höhe von 500 Euro jeweils für die Monate Juni und Juli sowie die Agrana-Dividende in Höhe von insgesamt 303,45 Euro sind verbucht. Der neue Cash-Bestand sowie die aktuellsten Kursstände sind im folgenden Chart abzulesen.

Aktueller Stand Musterdepot Bouvier für Juli 2021 (vor Veränderungen)

Die Jahresperformance 2021 des Depots lag im Mai bereits bei rund 11% (True Time-Weighed Rate of Return). Heute, also zwei Monate später, sieht das ganze nochmal ein wenig besser aus, wie der folgenden Übersicht zu entnehmen ist.

Performance YTD 2021 Musterdepot Bouvier

Bleibt also die Frage, was ich nun mit der für meinen Geschmack etwas zu hohen Cash-Quote von 15% anfange. Hmm… Mal überlegen…


Ich habe es! Gemäß meines im letzten Beitrag dazu dokumentierten argumentativen Durchbruches von Gold werde ich mir einfach physisches Gold in mein Musterdepot packen. Mir ist bewusst, dass das für ein als Wertpapierdepot gestartetes Portfolio ungewöhnlich ist, aber aufgrund der Argumente für das gelbe Relikt, die ich in diesem Blog bereits mehrfach dargelegt habe, und angesichts der aus meiner Sicht unzähmbaren globalen Finanzbagageelite, ziehe ich diesen Stabilitäts- und Sicherheitsanker in mein virtuelles Value-Depot ein.

Und weil mir Value-Investements so wichtig sind, ist alles, was es an Papier-Gold-Vehikeln gibt (Xetra-Gold etc.), für mich keine Alternative zum „real thing“. Aktueller Gold-Spot-Preis liegt bei rund 1524 Euro, ich erstehe bei meinem Goldhändler des Vertrauens zwei Krügerrander für 1532 Euro das Stück. Ohne Mehrwertsteuer, ohne Versandkosten, ohne irgendwelchen Transaktionsbullshit. Neuer Musterdepotstand nach diesem Kauf folgt auf dem Fuße.

Musterdepot Bouvier Juli 2021 (nach Anpassungen)

Eine Edelmetallquote von knapp 10%, eine Cash-Quote von etwa 5% und eine Aktienquote von rund 85% ist doch eine gute Mischung!

RealTime-Depot

Nachdem ich im letzten Echtgeld-Depotupdate ja ziemlich frustriert einfach alle Finger gerade gelassen und überhaupt nichts unternommen habe, ist seit Mai 2021 doch einiges passiert. Bei meiner Position mit dem größten Minus, der GBK Beteiligungen AG, habe ich um Juni zum Kurs 5,90 Euro nochmal nachgekauft. Zwar hat sich im Vorstand ein personeller Wechsel vollzogen, aber auf die Kontinuität des Geschäfts hat dies aus meiner Sicht keine Auswirkung.

Ein Indiz dafür, dass es bei der GBK anstelle der Wertberichtigungen im Zuge Coronas auch bald wieder etwas „zu gewinnen“ gibt, war die Meldung über die Veräußerung der Anteile an der Corporte Planning AG vom 21.05.21. Die Vollzugsmeldung (Closing) kam dann am 09.06.21 und damit werden die 3,8 Mio. Euro realisierter Transaktiongewinn wohl definitiv in der GuV für 2021 zu finden sein. Eine Woche später, also am 17.06. und ohne, dass Mr. Market irgendwas im Aktienkurs berücksichtigt hatte, habe ich dann meinen Nachkauf getätigt.

Mein Einstiegskurs GBK ist nun 7,22 Euro, der Ende 2020 ausgewiesene NAV war 6,50 Euro.


Es gibt selten Transaktionen, die so „straighforward“ flutschen, wie mein Kauf und Verkauf der Strabag SE. Analysiert und gekauft im September 2020 für 25,40 Euro das Stück, im Dezember 2020 Dividende in Höhe von 0,90 Euro (abzügl. österreichischer Quellensteuer) kassiert und dann Anfang Juni 2021 beim Kurs von 37,45 Euro je Aktie wieder veräußert. Rein, rauf, runter, raus! Interner Zinsfuß 60%, TTWRR 46%, sagte mir mein Portfolio-Tool. Zwischenzeitlich stieg die Aktie sogar auf 42 Euro, notiert aber aktuell wieder bei 37 Euro. Ich hätte die Aktie auch noch länger gehalten, aber der innere Wert der Aktie war für mich erreicht, der Value-Case von Mr. Market zu meinen Gunsten korrigiert. Abgesehen davon bereue ich es natürlich, dass ich nicht stärker in diese Position eingestiegen bin.


So wie ich es im Musterdepot schon angekündigt hatte, habe ich auch in meinem RealTime-Depot im Juli die Agrana-Dividende kassieren dürfen. Hier „in echt“ allerdings natürlich abzüglich den 27,5% österreichischer Quellensteuer. Wenn Österreich nicht so verlockend wäre, dass ich sogar die Quellensteuer in Kauf nehme, weil der Return dennoch attraktiv genug ist, dann würde ich es wahrscheinlich ganz lassen. Deshalb halte ich mich auch von US-Aktien fern, weil die Quellensteuer dort sogar 30% beträgt. Dazu gibt es noch gratis das Wechselkursrisiko Doller/Euro on top. Thanks, but no thanks!

„Fundamentale Schnellanalysen“

Kommen wir also zum eigentlich Kicker dieses Beitrages. Meine großspurig per Twitter vermeldete, alternative-zu-Dirk-Müller „fundamentale Schnellanalyse“. Hier nochmal in der Übersicht. Eine Aktie kann ich, aus meiner Sicht, kaufen bzw. als „potentiellen Depotkandidaten“ einstufen, wenn sie folgende Dinge schonmal vom Start weg erfüllt

  • Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt zwischen 5 und 20 (KGV)
  • Kurs-Buchwert-Verhältnis liegt unter 2 (KBV)
  • Eigenkapitalquote ist größer als 20% (je nach Branche) (EK)
  • Jahresumsatz ist größer als 100 Mio. Euro pro Jahr (U/a)
  • Produktportfolio ist auch für mich verständlich (PP)
  • Gewinn- und Dividendenhistorie ist stabil (His)

So einfach? Na mal sehen. Jedenfalls habe ich unter Vorgabe dieser Prämissen im Juli 2021 drei Käufe getätigt, die ich im folgenden gern tabellarisch und mit Hilfe meiner „Schnellanalyse“-Parameter darstelle (ok heißt erfüllt, NO heißt nicht erfüllt, alle Kennzahlen auf Basis Gesamtjahr 2020).

AktieKGVKBVEKU/aPPHis
Allianz SEokokNOokokok
Bonduelle S. A.okokokokokok
Schulte-Schlagbaum AGokokokNOokNO
Fundamentale Schnellanalyse á la V. Bouvier

Fangen wir mit dem Analyse-Primus an: die Bonduelle S. A. ist ein französisches Familienunternehmen (knapp 50% der Aktien in Familienbesitz), welches eigentlich nur ein Produkt in drei Ausprägungen herstellt und weltweit vertreibt. Gemüse in der Dose, Gemüse gekühlt oder Gemüse tiefgekühlt. Das Produkt ist aus meiner Sicht gleichzeitig klassisch, modern und zukunftsträchtig, aber vor allem einfach zu verstehen; die Finanzhistorie des Unternehmens zeigt sich stabil und rentabel, der Aktienpreis liegt momentan knapp unter dem bilanziellen Buchwert. Also habe ich, mit überschaubarem Einsatz, eine Handvoll dieser Aktien zum Preis von 21,60 Euro erstanden (Ach und übrigens: die französische Quellensteuer wurde im Jahre 2018 von 30% auf 12,8% gesenkt; ist das nicht schön?).

Kandidat Nummer zwei ist die Allianz SE. Dass die EK-Quote bei einem Versicherer nicht über 20% liegt ist „normal“, denke ich. Die Kollegen handeln und denken in Wahrscheinlichkeiten, spielen mit Prämien, die ihnen von den Versicherten zufließen (der „Float“, siehe meine Munich Re Analyse). KGV liegt knapp unter 13, Buchwert je Aktie knapp unter 200 Euro, Dividenden-/Gewinnhistorie ist der Knaller, mein Kaufkurs betrug 210,75 Euro. Was soll da schiefgehen?

Das „hässliche Entlein“?

Jetzt zur Schulte Schlagbaum AG. Was dieser Mittelständler so produziert und womit er sein Geld verdient, kann jeder selbst auf deren Webseite nachlesen. Für mich, als Branchenfremder, war das jedenfalls nachvollziehbar (Schloß- und Türensysteme für alle möglichen Branchen halt; Hauptkundenbranche ist die Baubranche). Nachvollziehbar ist hoffentlich auch, dass ich angesichts des geringen Jahresumsatzes des Unternehmens sehr vorsichtig bin und hier zugegebenermaßen ein kleines Risiko eingegangen bin. Benjamin Graham empfahl ja, eine gewisse Größe bei einem Unternehmen nicht zu unterschreiten, um das Risiko eines Totalverlustes gering zu halten. Naja, ich bin halt ein Besserwisser.

Geschäftsjahre 2016 bis 2020 der Schulte Schlagbaum AG in der Übersicht

Die Schulte Schlagbaum AG selbst steht mit ihrem EBIT nicht so rosig dar. Genauer gesagt, seit 4 Jahren schon nicht. Das ist der Geschäftsbereich, der für „Schloß- und Schließblechsysteme“ verantwortlich ist. Dennoch gibt es innerhalb des Konzerns aber Geschäftsbereiche, die, bis auf 2018, einen soliden Jahresüberschuss sowie eine annehmbare Dividende ermöglichen. Bei einer EK-Quote von 70% scheint die Verschuldung kein belastender Faktor zu sein.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe im Juni ein paar Aktien der Schulte Schlagbaum AG gekauft und das unbeabsichtigterweise genau so, dass ich noch in den Genuss der Dividendenausschüttung kam. Diese Aktie wird an einem normalen Börsentag wenig bis kaum gehandelt, schnelle Kurssteigerungen sind nicht zu erwarten. Von dieser Warte aus also eine echte Beruhigungspille für einen Value-Investor, der einfach nur sukzessive auf die Wertsteigerung des Unternehmens wartet und „along the way“ ein paar Gewinnbeteiligungen einstreichen will. Aktienkurssteigerungen nicht zu erwarten, daher nur beim Einkauf relevant.

Resümee

Mit Hilfe meiner „fundamentalen Schnellanalyse“ bin ich also über drei Kandidaten gestolpert, die ich, wenn auch in überschaubaren Positionen, für mein RealTime-Depot einfach mal gekauft habe. Im Rahmen meiner Eigentümerschaft werde ich die Unternehmen jetzt peu-á-peu weiter untersuchen, um für etwaige Nachkäufe oder gar Verkäufe gerüstet zu sein.

Oder um es mit den Worten eines Allianz-Versicherungsmaklers zu sagen: „Allianz kannste immer haben. Da kannste nüscht falsch machen!„.

In diesem Sinne…